In vielen Städten kommt es zu einer Flut von sehr kurzfristigen Kündigungen. Wer eine neue Wohnung gefunden hat, möchte oft ausserterminlich und kurzfristig ausziehen. Das wirft für Mieterinnen und Mieter, aber auch für Vermieter Fragen auf. Wenn mit dem Nachmieter nicht rasch ein neuer Vertrag zustande kommt, müssten ausziehende Mieter im ungünstigsten Fall doppelt zahlen – die Rechtslage.

Kalender mit ablaufender Sanduhr
Worst case eines jeden Mieters ist es beim Wohnungswechsel ein oder mehrere Monate doppelt Miete zahlen zu müssen. (Bild: canva.com)

Der Schweizer Wohnungsmarkt hat sich in den letzten Jahren verändert. Vor allem in den Städten und Agglomerationen ist es tendenziell schwieriger geworden, eine freie Wohnung zu finden. Dementsprechend sind immer mehr Mieterinnen und Mieter darauf angewiesen, wenn nötig auch sehr kurzfristig auszuziehen und die Wohnadresse zu ändern. Fabian Gloor, Jurist beim Mieterinnen- und Mieterverband Deutschschweiz, sagt dazu: «Bei einem Wohnungswechsel muss ja die eine Wohnung gekündigt und zurückgegeben und praktisch zeitgleich eine neue bezogen werden.» In der Praxis sei es kaum möglich, dass das quasi «eine Punktlandung wird.» Das heisst: Es kommt immer wieder vor, dass die Schlüssel zur neuen Wohnung schon übergeben werden könnten, während aber die bisherige Wohnung nicht innerhalb kürzester Frist gekündigt werden kann.

Ordentliche Kündigung nach Mietvertrag

Machen wir ein Beispiel: Eine junge Angestellte einer Versicherung hat im Raum Zürich auf Anfang November eine grössere Wohnung gefunden und einen neuen Mietvertrag abgeschlossen. Nun steckt sie aber in einem Dilemma: Denn eine ordentliche Kündigung des bestehenden Mietverhältnisses wäre gemäss ihrem Mietvertrag erst auf den 31. März möglich. Die neue Wohnung beim neuen Vermieter möchte sie aber schon fünf Monate früher übernehmen. Die meisten Mieterinnen und Mieter wissen Bescheid, dass es die Möglichkeit einer ausserordentlichen bzw. ausserterminlichen Kündigung gibt. Dies ist eine zwingende gesetzliche Regelung, auf die man sich in jedem Fall berufen kann. Weil der Wohnungsmarkt eng ist, betrifft das sehr viele Mietverhältnisse. Dabei sollten die Mieterinnen und Mieter, aber auch die Vermieter und die potenziellen Nachmieter Bescheid wissen.

Neuer Mietvertrag wird unterschrieben
Nach dem Gesetz kann ein Mietverhältnis beendet werden ohne Kündigungsfristen oder -termine einzuhalten, eben ausserterminlich. (Bild: canva.com)

«Vorzeitige Rückgabe» zusammengefasst

Fassen wir die Idee des Gesetzesartikels in den wichtigsten Punkten zusammen: Grundsätzlich haftet ein Mieter nach Mietvertrag oder gemäss ortsüblichen Kündigungsterminen für den vereinbarten Mietzins bis zum nächsten Kündigungstermin oder bis zum Ablauf eines befristeten Mietverhältnisses. In der Schweiz gibt es aber eine Ausnahme von den ordentlichen Kündigungsterminen: Gemäss Artikel 264 des Schweizerischen Obligationenrechts (OR) kann ein Mieter die Mietwohnung vorzeitig zurückgeben, wenn er dem Vermieter einen zumutbaren und solventen Ersatzmieter vorschlägt, der bereit ist, die Wohnung zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.  So kann nach dem Gesetz das Mietverhältnis beendet werden – eben ohne Kündigungsfristen oder -termine einzuhalten. Der Mieter muss gegenüber dem Vermieter aber klar zum Ausdruck bringen, dass er das Mietobjekt zurückgeben will. Vorausgesetzt ist natürlich auch, dass er die Wohnung räumt und im ganzen Umfang zurückgibt – inklusive Schlüssel.

Der Vermieter muss reagieren

Was gilt nun für den Vermieter? Der Vermieter darf sich der Rückgabe des Mietobjektes nicht widersetzen. Er kann sich auch nicht auf den Standpunkt stellen, dass die vertraglichen Fristen dennoch einzuhalten seien oder das Ganze auf die lange Bank schieben mit der Begründung, dass er selbst geeignete Nachmieter suchen will. Laut Jurist Fabian Gloor ist es eine gesetzliche und zwingende Bestimmung, die auch nicht in einem Mietvertrag zum Nachteil von Mieterinnen und Mietern abgeändert werden kann. Der Vermieter kann auch nicht Nachmieter aus unsachlichen Gründen ablehnen. Entscheidend ist dann, ob die vorgeschlagenen Nachmieter passend und zumutbar sind. Wenn der Vermieter dennoch keinen neuen Vertrag ausstellen wird, wird er selbst für einen Mietzinsausfall aufkommen müssen.

Die Mieterinnen und Mieter müssen sich auch über die wesentlichen Punkte im Klaren sein. Sie müssen im Zweifelsfall belegen können, dass tatsächlich eine Person oder ein Haushalt die betreffende Wohnung auf den gewünschten Termin und zu den gleichen Bedingungen übernommen hätte. Wer als Nachmieter vorgeschlagen wird, muss ebenfalls gewisse Bedingungen erfüllen. Natürlich muss der Nachmieter in der Lage sein, die geforderte Miete zu bezahlen. Er oder sie muss in diesem Sinne solvent und zumutbar sein. Nicht zumutbar wäre in Einzelfällen, wenn zum Beispiel ein 5-Personenhaushalt in eine kleine 2-Zimmer-Wohnung ziehen will.

Fallbeispiel: Tanja und Walter W. kündigen ausserterminlich

Kommen wir zu einem weiteren Fall aus der Praxis. Tanja und Walter W., beide rund 40-jährig, ziehen aus beruflichen Gründen kurzfristig in eine andere Stadt. Weil die Leerwohnungsziffer tief ist, haben sie über ein einziges Inserat im Nu Nachmieterinnen und Nachmieter gefunden. Die Interessenten wären bereit gewesen, die Wohnung auf den 15. November zu übernehmen. Die Kontaktangaben und Namen aller Interessentinnen und Interessenten melden Sie dem Vermieter. Doch dann hören sie wochenlang nichts. Nach einer langen Wartezeit teilt der Vermieter mit: «Wir haben jetzt nach genauerer Prüfung einen neuen Vertrag abgeschlossen, allerdings erst auf den 1. Februar.» Nun folgt natürlich eine Diskussion, wer bis zu diesem Zeitpunkt für die Miete aufkommen soll. Die ausziehenden Mieter sind der Meinung, alles richtig gemacht zu haben. Sie sagen: Es waren sogar mehrere passende Nachmieter dabei, die die Wohnung sofort zu den gleichen Konditionen übernommen hätten.

Tanja und Walter W. möchten so schnell wie möglich raus und freuen sich auf ihr neues Zuhause in einer anderen Stadt. Bloss mehr als zwei Monate lang die Miete doppelt zahlen, kommt ihnen dann doch zu teuer. Nun sind sie unsicher, ob sie tatsächlich auf den 15. November aus dem Vertrag und aus der Verantwortung entlassen sind oder nicht.

Paar studiert Unterlagen von Nachmietern
Ein wesentlicher Tipp, um den Wohnungswechsel voran zu treiben, ist selbst die Unterlagen des Nachmieters genau zu prüfen bevor man diese dem Vermieter einreicht. (Bild: canva.com)

Ausserterminlich kündigen – Aufwand für Vermieter

Beleuchten wir auch die Sicht des Vermieters: Die Bewirtschaftung von Wohnungen, häufige Wechsel, Konflikte unter Nachbarn, ausstehende Zahlungen usw. absorbieren beträchtliche Ressourcen. Klar ist es nicht immer einfach, dann innert kürzester Zeit Wohnungsübergaben und Wohnungswechsel durchzuführen. Kommt dazu, dass natürlich die Ausstellung von Verträgen und schon nur die Prüfung von potentiellen Nachmieterinnen und Nachmietern mit Aufwand verbunden sind. Kann auch sein, dass interne Abläufe oder gewisse Arbeitsinstrumente es einfacher machen, jeweils auf Ende Monat oder eben nur an ganz bestimmten Daten solche Wohnungswechsel und Vertragswechsel umzusetzen.

Laut Fabian Gloor ist aber die Rechtslage klar: In dem oft zitierten Gesetzesartikel Obligationenrecht Art. 264 steht nichts von bestimmten Terminen. Es heisst nirgends, dass die Rückgabe und damit die Entlassung aus dem Vertrag jeweils nur auf ein Monatsende möglich wäre oder ähnlich. Was laut Gloor aber zu berücksichtigen ist, sind die berechtigten Interessen des Vermieters, die gemeldeten Nachmieter und die Unterlagen zu prüfen. Je nach Verwaltung werden sie sich überlegen, ob die betreffende Person oder die betreffende Familie in das Haus passen würden, ob die Belegung der Wohnung stimmt, ob die Referenzen in Ordnung sind etc. Grundlegend ist natürlich auch die Anforderung, dass ein Nachmieter oder eine Nachmieterin solvent sein sollten. Laut Gloor ist eine angemessene Prüfungszeit der Unterlagen zu berücksichtigen. Der Jurist geht bei einer professionellen Verwaltung von etwa 10 Tagen Prüfzeit aus. Bei privaten Vermietern gehen die Fachleute – und im Streitfall auch die Schlichtungsstellen – von längeren Fristen aus. Hier kann sich ein Vermieter je nach dem 20 oder bis zu 30 Tage Zeit nehmen. Wobei wie immer die Meinungen zwischen Vermieter- und Mieterseite etwas auseinander liegen.

Tipp zum Vorgehen

Wie lassen sich nun Konflikte und Verzögerungen bei einer ausserterminlichen Kündigung vermeiden? «Es kommt entscheidend darauf an, die Suche nach einem Nachmieter und das weitere Vorgehen möglichst gut aufzugleisen», empfiehlt Jurist Fabian Gloor. D. h. konkret: Am besten sammelt der Mieter, der ausserordentlich kündigen will, sämtliche Unterlagen und bewahrt die entsprechenden Dokumente und Zusicherungen bei sich auf (und fertigt Kopieren an). Um die Variante einer ausserordentlichen Kündigung durchziehen zu können, braucht es vor allem folgendes: die Bewerbungsformulare mit allen Personalien der Mieterinnen und Mieter, die die Wohnung übernehmen würden. Wichtig sind auch weitere Angaben wie Referenzen und nach Möglichkeit ein aktueller Auszug aus dem Betreibungsregister.

Um die Chancen zu erhöhen, dass alles wie am Schnürchen klappt, sollte der Mieter die Unterlagen schon von sich aus genauer anschauen. Wären die Nachmieter nach den Bestimmungen im Mietrecht geeignet? Liegt bereits ein aktueller Auszug aus dem Betreibungsregister vor? Wenn sich der Mieter oder die Mieterin bereits selbst ein Bild von den Bewerbungen macht, können sie auch die Chancen besser einschätzen. Falls es Fragen zu den Bewerbungen oder Vorbehalte gibt, müsste man noch weiter Nachmieter suchen. Das Gesetz spricht zwar offiziell davon, dass ein einziger zumutbarer und solventer Nachmieter ausreichend ist. Doch es kann nicht schaden, mehrere Namen zu nennen, um die Chancen zu verbessern.

Fabian Gloor sagt weiter: «Man sollte Kopien anfertigen und aufbewahren und dann die ganzen Originalunterlagen mit den Bewerbungsformularen, den Auszügen aus dem Betreibungsregister usw. mit eingeschriebener Post an den Vermieter schicken.» Wer sich sorgfältig an diesen Ablauf hält, kann zwei wesentliche Dinge sicherstellen: Erstens kann die ausziehenden Mieterin damit belegen, dass sie tatsächlich Interessentinnen gefunden hat, die im Sinne des Gesetzes als Nachmieter infrage kommen. Zweitens kann die Nachmieterin mit dem eingeschriebenen Brief beweisen, dass sie die Unterlagen zugestellt hat und auch Rechenschaft darüber ablegen, an welchem Tag sie die Meldungen weitergeleitet hat. Damit ist man gut abgesichert für den Fall, dass sich dennoch nichts bewegt und sich der Vermieter über Gebühr lange Zeit lässt.

Auch vom Hauseigentümerverband finden sich zu den wesentlichen Fragen rund um die ausserterminliche Kündigung die wesentlichen Leitlinien. Dort heisst es unter anderem, dass der ausziehende Mieter dann aus seinen Pflichten befreit ist, wenn:

  • ein an sich tauglicher Ersatzmieter abgelehnt wird (ab Zeitpunkt in dem der Ersatzmieter das Mietverhältnis übernommen hätte),
  • wenn der Vermieter entweder gar nicht oder nicht rechtzeitig auf das Angebot eines Ersatzmieters reagiert
  • wenn der Vermieter die Wohnung stattdessen anders nutzt (Vertrag mit einem Drittmieter, Eigengebrauch). Weitere Infos und Links ganz unten.

Weitere Infos zur Rechtslage:

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