Jeder Mensch wünscht sich in seiner Wohnung Ruhe, Entspannung und Privatsphäre. Lärm von den Nachbarn oder einer Baustelle nebenan kann sehr belastend sein. Fragt sich bloss: Welches Mass an Lärm ist übermässig? Wir zeigen die Rechtslage auf und erläutern, wann die Verwaltung einzuschalten ist. 

Zwei Nachbarn sprechen im Garten miteinander. In der Mitte steht ein Haag.
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Nehmen wir als Beispiel Familie M. in Zürich: Die Tochter schreibt tagsüber zu Hause ihre Semesterarbeit, die Mutter arbeitet Teilzeit und hält sich ebenfalls oft in der Wohnung auf. Wenn da bloss dieser Lärm nicht wäre. Direkt nebenan hievt gerade ein Kran Baumaterial in die Höhe. Die Bauarbeiter hämmern und sägen unter der Woche schon ab 7 Uhr morgens. 50 Meter weiter  rattert jetzt auch noch ein Presslufthammer. Wenn dann die Baumaschinen abends endlich verstummen, stören laute Nachbarn die herbeigesehnte Nachtruhe. Zumindest Frau W., Nachbarin direkt nebenan. Sie hat die Angewohnheit, kurz vor Mitternacht auf dem Balkon zu rauchen und zu telefonieren. 

Vermieter: «Erst das Gespräch suchen» 

Was sind die Rechte und Pflichten in solchen Situationen? Ist es sinnvoll, seinem Ärger gleich beim Vermieter Luft zu machen? Es gilt die schon öfters zitierte Einsicht: «C’est le ton qui fait la musique». Um eine gute Nachbarschaft zu pflegen, sollten sich alle Mitbewohnerinnen und Mitbewohner um Respekt und Rücksichtnahme bemühen. Die meisten Verwaltungen empfehlen, zuerst das Gespräch zu suchen: Wer sein Anliegen klar und freundlich vorbringt und auf die Ruhestörung aufmerksam macht, wird meist oft auf offene Ohren stossen. Vielleicht war der erwähnten Nachbarin Frau W. gar nicht bewusst, dass die Telefongespräche nebenan sehr gut zu hören sind. 

Zum guten Ton gehört es natürlich auch, sich gegenseitig zu informieren. Wer eine Geburtstagsparty feiert oder mal eine halbe Stunde am Samstag laute Haus- oder Handwerksarbeiten ausführt, sollte dies den Nachbarn vorankündigen. 

Lärm im Haus: Die nächsten Schritte  

Wenn Aussprachen nichts helfen und die Ruhestörung anhält, sind weitere Schritte zu prüfen. Dazu ist es hilfreich, die Häufigkeit und Dauer der Lärmbelästigung schriftlich festzuhalten. Wer sich in seinem Alltag durch übermässigen Lärm gestört fühlt, sollte sich schriftlich an den Vermieter wenden. Als betroffener Mieter bzw. Mieterin  können Sie eine Frist setzen, bis wann die Lärmbelästigung zu beheben ist. 

Der Vermieter bzw. die Verwaltung wird dann den Sachverhalt prüfen. Es gilt ja auch: Alle beteiligten Personen im Haus und auch der Vermieter haben alles Interesse daran, dass der Haussegen nicht schief hängt. Die Verwaltung wird wenn nötig die beklagten Mieter abmahnen, auf die gesetzlichen Ruhezeiten, die Hausordnung und die Verpflichtung zur Rücksichtnahme verweisen (laut Artikel 684 ZGB und nach Mietrecht). Dabei ist daran zu erinnern, dass die fehlbaren Mitbewohner ausdrücklich auf die Beschwerden aufmerksam gemacht werden müssen. Wenn alles Schreiben und Mahnen nichts hilft, sind unter Umständen rechtliche Schritte notwendig. In schwer wiegenden Fällen droht sogar eine fristlose Kündigung. Eine Kündigung der Wohnung ist nur möglich und vor Gericht auch durchsetzbar, wenn die Lärmbelästigung das sonst übliche Mass überschreitet. Eine Voraussetzung ist auch, dass sich die fehlbaren Mieter über alle Ermahnungen hinwegsetzen. Die Kündigung kann ausgesprochen werden, wenn die andauernde Ruhestörung – zum Beispiel regelmässig nachts – schlicht nicht mehr zumutbar ist. 

Ruhestörung: Ein dehnbarer Begriff  

Jede Lärmbelästigung und jeder Streitfall sind individuell zu beurteilen. Die meisten Fachleute, die Schlichtungsstellen und Gerichte gehen grundsätzlich davon aus, dass sich die Leute zu Hause wohl fühlen sollen und einen ruhigen Rückzugsort haben. Wer zu Hause ist, will sich von einem strengen Arbeitstag erholen und nachts schlafen können. Zu diesen Grundbedürfnissen gehört es auch, seinen Hobbies nachgehen zu können, zu kochen, Freunde und Gäste zu empfangen etc.  

Gerade deshalb gibt es ja die Regeln zu den Ruhezeiten: Gemeinden legen in ihrer Polizeiverordnung gewisse Standards fest (Verbot von Lärm, vor allem nachts), die Behörden erlassen Massnahmen zum Lärmschutz etc. Die Grenze zu übermässigen Lärmemissionen ist allerdings nicht leicht zu ziehen.  

Massgeblich dazu sind natürlich auch die Hausordnung und die lokal üblichen Ruhezeiten. Als «offizielle» Nachtruhe gilt vielerorts die Zeit zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens sowie die Mittagszeit von 12 bis 13 Uhr. Ein erhöhtes Mass an Ruhe kann zudem an Sonntag und gesetzlichen Feiertagen verlangt werden. Die Gespräche, Fernseher oder auch Musik sollten dann auf das Mass von «Zimmerlautstärke» gedrosselt werden. Jede Ruhestörung ist dann untersagt, und zwar im Innern von Häusern, im Garten oder im Freien (d. h. keine laute Musik, kein Feiern). 

Wenn nötig die Polizei einschalten 

Wie die Ruhezeiten ausgelegt werden, kommt auch auf den Einzelfall und die Lebensumstände an. Ein Beispiel: Wer in einem Mietshaus wohnt und Schicht arbeitet, wird schon frühmorgens aufstehen und duschen dürfen. Übermässig wäre Lärm, wenn auch noch nachts um 1 Uhr  Party gefeiert wird und zwar in einem Mass, das den anderen im Haus eben den Schlaf raubt. In solch eindeutigen Fällen gilt: Wenn Störenfriede nicht anders zur Vernunft kommen, sollte man die Polizei verständigen. Die Polizei wird die fehlbaren Mieterinnen und Mieter an ihre Pflichten erinnern. Die laut singenden und johlenden Partygäste müssen nach Hause, und die Musik ist eben auf ein vernünftiges Mass zurückzudrehen. 

Spielende Kinder 

Das Alter und der Zustand der Liegenschaft, aber auch die Zusammensetzung der Nachbarschaft spielen ebenfalls eine Rolle. Wer in eine Familiensiedlung zieht, wird öfters spielende Kinder antreffen. Hier kann man nicht die Ruhe von Business-Apartments zum Massstab nehmen, wo die Leute tagsüber gar nicht zu Hause sind und es nicht einmal einen Spielplatz vor dem Haus hat. Wichtig ist auch die Erkenntnis: Jedes Lärmempfinden ist sehr subjektiv. Manche Leute reagieren auf jedes Geräusch empfindlich, andere sind toleranter oder haben auch einen ganz anderen Tagesrhythmus. Im Streitfall kann man zum Beispiel nicht davon ausgehen, dass es 24 Stunden am Tag so ruhig wie in einer Kirche ist. 

Kommen wir noch einmal zum Beispiel mit Kindern. Selbstverständlich gehört es zum Leben, dass Kinder  herumrennen, drinnen oder draussen spielen und mal laut sind. Hier zeigt auch die Gerichtspraxis: Kinderlärm kann nicht verboten und nicht eingeschränkt werden. Es kommt immer darauf an, wie man sich im Haus organisiert. Falls das Getrampel und Herumrennen mal ein gewisses Mass übersteigt, empfiehlt es sich, das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen. Vielleicht kann man sich auf vorgegebene Ruhezeiten verständen, oder die Kinder mal auf dem Spielplatz spielen lassen etc. Um die Lärmbelästigung zu dämpfen, können auch gewisse Massnahmen Abhilfe schaffen, etwa das Verlegen von Teppichen in Kinderzimmern. 

Was gilt bei Baulärm? 

In letzter Zeit kommt es öfters vor, dass sich Mieterinnen und Mieter über Baulärm beschweren. Die Ausgangslage ist klar: In vielen Städten und Quartieren wird gebaut, öfters auch umgebaut. Kaum jemand kann den Anspruch erheben, von solchen Lärmimmissionen verschont zu bleiben. Klar ist: Überall in der Bauzone darf gebaut werden. Aber welches Mass an Lärm ist noch akzeptabel und was nicht? Massgeblich ist immer auch, was eigentlich zugesichert ist. Etwas vereinfacht gesagt: Eine Wohnung muss in gutem Zustand sein, die Küche, das Bad, die Wohnräume und Schlafzimmer müssen zu jeder Zeit benutzbar sein. Es wird sich wohl kaum je ein Mietvertrag finden, in dem der Vermieter absolute Ruhe verspricht. Ob nun der Baulärm dermassen gravierend ist, dass die Wohnung ihren Zweck gar nicht erfüllt, ist wie immer natürlich Ermessenssache. 

Martin Bachmann, Jurist beim Dachverband der Wohnbaugenossenschaften, schreibt dazu in einem Fachbeitrag: Mangelhaftigkeit liege erst vor, wenn der Lärm «besonders lange andauert, besonders intensiv ist oder zu einem besonders störenden Moment wahrgenommen wird, wenn beispielsweise der Schlaf gestört wird.» Er verweist dazu auf ein Urteil des Mietgerichts Zürich: Selbst eine längere Bauzeit von 45 Tagen mit lärmintensiven Abbrucharbeiten und Erdsondenbohrungen hat das Gericht nicht als Mangel beanstandet. Der Jurist folgert daraus: Eine Baustelle auf dem Grundstück nebenan verpflichtet die Verwaltung respektive die Vermieterin «nicht per se, die Mietzinsen zu reduzieren. Voraussetzung dazu wäre eine Beeinträchtigung der normalen Nutzung der Wohnung.» 

Fazit 

Es gibt keine klaren gesetzlichen Regelungen, was an Hundegebell oder Baulärm zu tolerieren ist. In der Praxis sagen Gerichte: Erlaubt ist, was nach dem Empfinden eines Durchschnittsmenschen nicht übermässig störend ist.  

Weitere Infos rund um Nachbarschaft, Lärm und Gesetze:  http://www.laerm.ch/de/laermsorgen/laermquellen-und-beurteilung/nachbarschaft/nachbarschaft.html 

Lesen Sie dazu auch unseren Blog: Lärm im Haus: «Habe ich Anrecht auf Mietzinsreduktion?»  und verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre rechtliche Situation als Mieter oder Vermieter hier: Rechtliches für Mieter und Vermieter im Überblick