Ein Trampolin vor dem Haus, starker Laubfall aus Nachbars Garten oder Party bis morgens um 4 Uhr? Nachbarschaftsstreit hat viele Ursachen! Wenn sich die Leute im Haus so richtig in die Haare geraten, ist guter Rat oft teuer. Wir erklären Rechte und Pflichten rund um die Nachbarschaft.  

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Nehmen wir als Beispiel Hauseigentümer Walter M., der seit mehr als 25 Jahren in einem beliebten Wohnquartier in der Nähe von Winterthur lebt: «Die Tanne meines Nachbarn ist jetzt schon 25 Meter hoch. Im Sommer wirft sie einen grossen Schatten über unseren Gartensitzplatz, im Herbst verstopfen Nadeln und Laub von nebenan unsere Dachrinnen.» 

Tanne: Ärger für den Nachbarn 

Kann Walter M. so weit gehen und den Nachbarn auffordern, die Tanne zu fällen? Darf er zumindest eine Entschädigung für die Unmengen an Laub und Nadeln verlangen? Könnte er den «bösen Nachbarn» gegenüber als Ultima Ratio gar vor Gericht anklagen? 

Thomas Oberle, Jurist beim Schweizer Hauseigentümerverband (HEV Schweiz), sagt dazu: «Der Nachbar kann verlangen, den Baum zu fällen, wenn es im betreffenden Kanton keine Verjährungsfrist gibt.» – Im Kanton Zürich gilt zum Beispiel eine Verjährungsfrist von fünf Jahren und bei Wald- bzw. Hochstammbäumen ein vorgeschriebener Grenzabstand von acht Metern. Es gilt also für unseren Fall mit Walter M.: Er kann die Entfernung des Baums nur verlangen, wenn der Grenzabstand nicht eingehalten und das Recht auf Behebung nicht bereits verjährt ist.  

Steht die Tanne schon 10 oder 15 Jahre dort, ist nichts zu machen. Wie hoch die Tanne oder der Baum bereits gewachsen ist, spielt übrigens keine Rolle. – Wichtig zu wissen: Die entsprechenden Grundlagen sind kantonal unterschiedlich. Welche Grenzabstände einzuhalten sind und welche Verjährungsfristen gelten, ist in jedem Kanton etwas anders. Im Kanton Bern gilt z. Bsp. für Hochstammbäume ein Mindestabstand von fünf Metern, aber die gleiche Verjährungsfrist wie in Zürich, nämlich fünf Jahre. 

Stört der Baum in Nachbars Garten? 

Tipp: Manche Kantone kennen längere Verjährungsfristen, manche kürzere. Da sich im Nachhinein nicht leicht herausfinden lässt, wann ein Baum gepflanzt wurde, sollten Nachbarn mit allfälligen Reklamationen nicht zu lange zuwarten.  

Bleibt die Frage, wer für die Immissionen mit Nadeln, heruntergefallenen Zweigen und Laub aufzukommen hat. «Unabhängig von der Verjährungsfrist kann der Nachbar nur in wirklich gravierenden Fällen eine Behebung verlangen», erläutert Jurist Thomas Oberle. Laubfall – vor allem im Herbst – ist im Allgemeinen zu tolerieren. Das heisst: Walter M. muss selbst das Laub oder die Nadeln vom Nachbarbaum kehren und die verstopfte Regenrinne reinigen. Das weitaus meiste davon gilt als normaler Gebrauch und zumutbare Immission.  

Das Argument mit der Sicht 

«Rechtlich gesehen hat ein Nachbar, der sich an Bäumen stört, nur in bestimmten Fällen etwas in der Hand», so der Jurist vom HEV Schweiz weiter. Zum Beispiel: Der Nachbar hat nicht nur ein oder zwei Hochstammbäume gepflanzt, sondern quasi einen ganzen Wald! Ins Gewicht würde vor allem auch die Tatsache fallen, dass die Bäume dem Nachbarn die schöne Aussicht nehmen (Berg- oder Seesicht etc.). Wenn der Schattenwurf, die Beeinträchtigung von Lichteinfall und Aussicht etc. wirklich sehr einschneidend sind, könnte man auf Beseitigung klagen.  

Abstände beachten! 

Generell müssen Wohn- und Grundeigentümer darauf achten, dass sie mit ihren Pflanzen, Sträuchern und Bäumen gewisse Abstände einhalten. Das ZGB sieht vor, dass die Kantone Grenzabstände für verschiedene Bäume und Bepflanzungen vorgeben. Nehmen wir als Beispiel den Kanton Zürich: 

  • Hochstamm- und Waldbäume wie Pappeln, Eichen, Kastanienbäume etc.: Es gilt ein Mindestabstand von 8 Meter. 
  • Kleinere Feldobstbäume und kleinere Zierbäume, die nicht periodisch zurückgeschnitten werden: 4 Meter 
  • Kleinere Gartenbäume, Sträucher, kleine Zierbäume, Sträucher, die eine Einheit bzw. Hecke bilden: 60 Zentimeter. 

Rechte und Pflichten bei Sturm 

Oft taucht auch die Frage auf, wer bei gravierenden Ereignissen für Schäden und Beeinträchtigungen haftet. Nehmen wir an, es tobt ein heftiger Herbststurm oder es kommt zu Starkregen und Sturm wie im letzten Sommer. In diesem Punkt ist die Rechtslage klar: Natur- und Elementarereignisse, Starkregen etc. sind normalerweise über die Gebäudeversicherung gedeckt. «Wenn wieder ein Sturm wie damals Lothar übers Land fegt, ist der Grundeigentümer nicht haftbar», erläutert Jurist Thomas Oberle.  

Das ist der Unterschied zur Werkeigentümerhaftung eines Grundeigentümers: Ein Grundeigentümer haftet für Schäden an Dritten, die auf mangelnden Unterhalt zurückzuführen sind. Wenn sich also ein Kind auf einem Spielplatz verletzt, weil Seile an einer Kinderschaukel abgenutzt waren, haftet der Eigentümer. Für einen umgestürzten Baum könnte er höchstens haftbar gemacht werden, wenn mangelnder Unterhalt oder eine Krankheit des Baums eine Rolle gespielt haben.  

Tipps: Wie dem Nachbarschaftsstreit vorbeugen? 

  • Ob Wohneigentümer, Stockwerkeigentümer oder Mieter: Nach gesundem Menschenverstand sollten sich alle daran halten, auf Nachbarn Rücksicht zu nehmen und übermässige Immissionen zu vermeiden.  
  • Im konkreten Einzelfall kommt es auch darauf an, auf welche Regeln sich die Bewohner verständigen oder was die Hausverwaltung vorgibt (Hausordnung, spezielle Bestimmungen im Mietvertrag, etwa das Verbot von Haustieren).  
  • Auch die lokalen Umstände sind zu beachten: In einem ruhigen Wohnquartier auf dem Land sind die Erwartungen an Ruhe und Privatsphäre wohl höher als in einer verdichteten Siedlung, wo viele Familien mit Kindern wohnen. 
  • Lokal unterschiedlich sind die Polizeiverordnungen der Gemeinden. In der Schweiz ist es zum Beispiel üblich, dass ab 22 Uhr die Nachtruhe einzuhalten ist. Gespräche oder auch Musik sind dann auf das Level «Zimmerlautstärke» anzupassen. 

FAQ’s Nachbarrecht bei Wohneigentum: «Was steht im Gesetz?» 

«Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt». Der oft zitierte Satz passt gut zu den Grundzügen des Nachbarrechts. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) definiert Grundzüge, die dem Nachbarschaftsstreit vorbeugen und zur Lösung von Konflikten beitragen. Die ZGB-Bestimmungen in den Artikeln 679 und 684ff. haben zum Zweck, die Freiheiten der Nachbarn gegeneinander abzugrenzen. Sie zeigen auch, welche Rechte und Pflichten gelten.  

Aufgrund des Nachbarrechts ist jeder Grundeigentümer angehalten, sein Eigentum so zu nutzen, dass daraus keine übermässigen Einwirkungen für seine Nachbarn erwachsen (Art. 684 ZGB). Schwierig ist der Begriff «Übermässigkeit» von Einwirkungen. Erst wenn sie für einen Durchschnittsmenschen übermässig sind, gelten sie im rechtlichen Sinne als unzulässig. Was noch geduldet werden muss und was als unzumutbar gilt, ist auch abhängig vom Ortsgebrauch sowie der Lage und Beschaffenheit der Grundstücke. 

Gemäss Art. 687 Abs. 1 ZGB kann der Nachbar überragende Äste und eindringende Wurzeln, die sein Eigentum schädigen, kappen und für sich behalten. Wichtig ist dabei: Dieses Recht steht ihm nur zu, wenn er zuerst eine Beseitigung verlangt und eine Frist setzt. Im Konfliktfall sollte der Geschädigte mittels eingeschriebenen Briefs eine Beschwerde an den Nachbarn richten und ihm eine angemessene Frist für die Beseitigung der eindringenden Äste oder Wurzeln setzen. Erst wenn diese Frist ohne Ergebnis verstreicht, darf er überragende Äste etc. entfernen oder durch eine Fachperson entfernen lassen. Das Kapprecht als «Selbsthilferecht» darf aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden. Denn allein das Herüberragen von Ästen in den nachbarschaftlichen Herrschaftsbereich reicht nicht aus. Vom Kapprecht kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn es sich um eine erhebliche, übermässige Schädigung des Eigentums handelt. Konkret muss das Nachbarsgrundstück wesentlich beeinträchtigt werden. 

Auch dies ist immer die gleiche Grundsatzfrage: «Was würde ein Durchschnittsbürger noch als normale Immission empfinden und was nicht?» Wenn die Nachbarn zum Beispiel Kinder haben, wird man nach gutem Menschenverstand kaum verbieten können, dass die sich ab und zu austoben. Klar, dass sie mal im Freien spielen dürfen und vielleicht auch schon mal an einem Sonntagmorgen in der Wohnung herumspringen.  

Beim «Wohnlärm» kommt es auch auf die Umstände und das Haus an. Handelt es sich um ein ruhiges Quartier, ist die Ausgangslage wohl anders, als in einem Neubau, der ganz gezielt für Familien erstellt worden ist. 

Auch hier sind je nach Kanton und je nach Baugesetz gewisse Mindestabstände einzuhalten. In vielen Kantonen gilt für Zäune ein Mindestabstand von 1,50 Metern. Wer sich also etwas mehr vom Nachbarn «abgrenzen» will, sollte sich zuerst genauer erkundigen. Allenfalls gegen den Willen des Nachbarn darf nur dann ein Zaun errichtet werden, wenn diese Abstände und andere Bestimmungen eingehalten sind. Vorsicht: Je nach Höhe und Masse des Zauns, einer Mauer bzw. Einfriedung etc. braucht es teils sogar eine Baubewilligung! 

https://www.newhome.ch/blog/de/allgemein/brauche-ich-eine-baubewilligung/

Wer direkt auf der Grenze einen Zaun oder etwas Ähnliches erstellen will, muss die ausdrückliche Zustimmung des Nachbarn einholen. Es empfiehlt sich, eine verbindliche, schriftliche Vereinbarung zu treffen. Dabei müssten natürlich auch Kosten, Unterhalt, Folgekosten etc. geregelt werden. 

 

Wenn ein Eigentümer eines freistehenden Wohnhauses in seinem privaten Garten ein Trampolin aufstellt, ist dies erlaubt. Es braucht ja dazu weder eine Baubewilligung noch sind sonst gewisse Abstände oder Lärmschutzvorschriften zu beachten. Wie sonst auch: Je nach den Ortsgegebenheiten und der lokalen Polizeiordnung sind natürlich gewisse Ruhezeiten zu beachten. Kinder die draussen spielen, sind im Allgemeinen als normaler «Wohnlärm» und als zumutbar zu akzpetieren. 

Etwas anders liegt der Fall bei Mietwohnungen und im Stockwerkeigentum: Der Garten steht ja dann nicht exklusiv bestimmten Leuten oder Familien zu. In der Regel müssen Sie dazu die anderen Stockwerk- und Miteigentümer bzw. die Verwaltung fragen (bei Mietverhältnissen).  

FAQ’s: Nachbarrecht für Mieterinnen und Mieter: «Wie viel Lärm muss ich tolerieren?» 

Grundsätzlich gilt: Die Verwaltung kann auf den Balkonen weder das Grillieren noch das Rauchen verbieten. Wie erwähnt gilt auch das Prinzip, dass Nachbarn auf die anderen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner im Haus Rücksicht nehmen müssen. Der «übermässige» Rauch und Geruch müssen nicht akzeptiert werden. Wo genau die Grenze verläuft, ist allerdings schwer zu sagen. Was Sie in jedem Fall verlangen können, ist die Einhaltung von Ruhezeiten. Nach 22:00 Uhr wäre es nicht erlaubt, auf dem Balkon Gäste zu bewirten und damit die Nachtruhe der Nachbarn zu stören. Ab 22:00 Uhr müssen die Gäste auf dem Balkon, das Gelächter oder die Lautsprecher auf Zimmerlautstärke eingepegelt werden. Was sich Mieter auch nicht gefallen lassen müssen, ist das Rauchen mitten in der Nacht. Gerade im Sommer möchten die meisten Leute die Möglichkeit haben, die Fenster geöffnet zu lassen. 

In aller Regel ist es immer noch der beste Weg, in einem ersten Schritt das Gespräch mit den Nachbarn zu suchen. Vielleicht gibt es eine gütliche Einigung, wie oft und vor allem bis wann abends die nächste Party steigtHäufig lassen sich Differenzen ausräumen, wenn sich die Leute gegenseitig absprechen und sich gegenseitig ernst nehmen. Wenn Sie sich beschweren, kommt es immer auch darauf an, wie Sie kommunizieren. «C’est le ton qui fait la musique», heisst es so schön auf Französisch. – Wenn die Gespräche nichts fruchten, sollten Sie die Verwaltung beiziehen. Die Polizei ist die richtige Anlaufstelle, wenn die Nachtruhe massiv gestört ist (Ruhezeiten nicht eingehalten), oder wenn Sie eine Situation im Haus als gefährlich einschätzen.

«Heimwerken am Sonntag?» 

Es kommt bei jeder Art von Belästigung und Störung darauf an, wie viel Lärm das verursacht. Wenn der Nachbarschaftsstreit andauert, müsste man sich überlegen, ob die Immissionen für einen Durchschnittsmenschen heute übermässig sind. Früher war in Miethäusern das Waschen, Putzen und Heimwerken am Sonntag strikt verboten. Die gesellschaftlichen Wertvorstellungen haben sich aber geändert. Die meisten stören sich nicht daran, dass am Sonntag gewaschen wird. Reklamieren könnten Sie, wenn tatsächlich übermässiger Lärm zu beklagen ist. Die Bohrmaschine und andere laute Geräte müssen ja nun wirklich nicht unbedingt am Sonntag in Betrieb sein. 

Es gibt gewisse Minimalanforderungen und Schallschutznormen, die auch in Mietwohnungen einzuhalten sind. Im Einzelfall ist es allerdings relativ aufwendig, den Wohnlärm durch einen Bauphysiker oder Akustiker messen zu lassen. Kommt dazu, dass in Altbauwohnungen nicht die höheren Standards der Baunormen erfüllt sein müssen. Der Weg führt daher meist über Gespräche und Verhandlungen mit den Nachbarn. Ob es nun ums Duschen in der Nacht oder das Rauchen auf dem Balkon geht: Vielleicht kann man sich auf gewisse Zeiten einigen, wo die unerwünschten Immissionen unterbleiben. Was das Duschen betrifft: Dies gehört zum normalen Gebrauch einer Wohnung und kann weder in der Hausordnung noch auf anderem Weg untersagt werden. Auch wenn jemand Schicht arbeitet und jeweils um 5:00 Uhr aufsteht, kann man ihm nicht verbieten, so früh zu duschen. Schon eher Verhandlungssache ist die Frage, ob man auch unbedingt mitten in der Nacht ein Vollbad einlaufen lassen muss. Je nach den Gegebenheiten und den besonderen Umständen im Haus ist dies nicht unbedingt erlaubt. 

«Den ganzen Tag Geschrei und Getrampel» 

Ein neu geborenes Baby, das in der Nacht schreit, oder generell Kinderlärm sind in einem Wohnhaus zu tolerieren. Kinder verhalten sich nun mal anders als Erwachsene. Sie haben das Bedürfnis, sich zu bewegen, fröhlich zu spielen und auch mal laut zu sein. Gerichte, die bei einem Nachbarschaftsstreit angerufen werden, entscheiden meist zugunsten von Familien bzw. Kindern. Ganz nach dem Grundsatz: Kinder dürfen eben Kinder sein, das gehört zum Leben.  

Doch wenn jemand gewerbsmässig als Tagesmutter tätig ist, liegt der Fall wohl etwas anders. Dazu braucht es in der Regel eine Bewilligung der zuständigen Behörde (je nach Umständen und Kinderzahl). Es macht eben einen Unterschied, ob sich in einer Wohnung ein oder zwei Kinder aufhalten, oder vielleicht gleich ein ganzes Dutzend im Rahmen einer professionellen Tagesstätte. Dabei ist weiter einzuwenden, dass es sich um eine Nutzungsänderung der Wohnung handelt. Und wenn die Wohnung nicht rein als Wohnung genutzt wird, sondern eben dem Zweck der Kinderbetreuung dient, setzt dies das Einverständnis der Verwaltung voraus. Erkundigen Sie sich also am besten beim Vermieter, was vereinbart ist und was zu akzeptieren ist. Eine Nutzungsänderung innerhalb eines Mehrfamilienhauses müssen Sie sich nicht bieten lassen. Wenn der Lärm das sonst übliche Mass übersteigt, könnten Sie auch eine Mietzinsreduktion verlangen. 

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