In gewissen Regionen der Schweiz hat sich in den letzten Jahren die grenzüberschreitende Zusammenarbeit verstärkt. Vielerorts pendeln Grenzgängerinnen und Grenzgänger tagtäglich über die Grenze, etwa im Raum Basel oder Genf. Bloss fragt sich: Wie ist das mit Krankenversicherung, Steuern, Abgaben und Sozialversicherungen? Folgendes sollten Sie als Grenzgänger bzw. Grenzgängerin beachten.
- Welche Vor- und Nachteile haben Grenzgänger?
- Was ist eine Grenzgängerbewilligung?
- Wie verhält es sich mit der Krankenversicherung?
- Welche Lohnabzüge gelten?
- Wie unterscheiden sich Grenzgänger und Aufenthalter?
Besonders eng ist die Verflechtung im Raum Basel oder auch im Kanton Genf: Jeden Tag pendeln mehrere zehntausend Grenzgänger von Frankreich in die Agglomeration am Lac Léman – einerseits Franzosen, aber umgekehrt auch immer mehr Schweizer, die sich die die hohen Mieten in der Rhone-Stadt kaum noch leisten können. Auch im Dreiländereck Basel, im Raum Lörrach oder im Tessin ist dieses Modell sehr weit verbreitet.
Ein Grenzgänger ist kurz gesagt ein Arbeitnehmer, der im grenznahen Ausland wohnt und in der Schweiz berufstätig ist. Wichtig ist dabei, dass der Arbeitnehmer täglich wieder an seinen Wohnsitz auf der anderen Seite der Grenze zurückkehrt.
Status Grenzgänger: Vor- und Nachteile
Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die in der Schweiz arbeiten, müssen im Allgemeinen folgende Voraussetzungen erfüllen:
- Sie sind ausserhalb der Schweiz wohnhaft und dort als Staatsangehörige eines EU- respektive EFTA-Staates angemeldet.
- Sie besitzen einen Nachweis einer beruflichen Tätigkeit bzw. Anstellung oder Ausübung einer selbstständig erwerbenden Tätigkeit in der Schweiz (in der Regel ein Arbeitsvertrag oder Nachweis als Selbstständiger).
In der Praxis spielen ganz unterschiedliche Motive und Faktoren eine Rolle. Zum einen gilt die Schweiz als attraktiver Arbeitsort, mit guten Arbeitsbedingungen und dynamischen Unternehmen. Das Lohnniveau liegt deutlich über dem EU-Durchschnitt. Kommt dazu, dass in der Schweizer Wirtschaft qualifizierte Fachleute und Spezialisten sehr gesucht sind. Dabei ist aber nicht ausser Acht zu lassen, dass auch die Lebenshaltungskosten und die Mieten in der Schweiz relativ hoch sind! Wer in Pendlerdistanz wohnt – etwa in Süddeutschland oder im grenznahen Raum bei Genf – wird es daher in Betracht ziehen, den Wohnsitz an seinem Herkunftsort zu behalten.
Für Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus dem Raum der EU- und EFTA-Mitgliedstaaten gelten heute weitgehende Freiheiten (Personenfreizügigkeit). Zu diesem Raum zählen inzwischen 30 Staaten, darunter Deutschland, Frankreich, Italien und viele mehr. Innerhalb dieses Wirtschaftsraums gilt allgemein die geografische und berufliche Mobilität. So steht es den Bürgern bzw. Grenzgängern frei, überall im EU/EFTA-Raum zu wohnen und bei bestimmten Voraussetzungen überall in der Schweiz zu arbeiten. Bedingung ist in jedem Fall die wöchentliche Rückkehr an den ausländischen Wohnort.
Antrag bei der kantonalen Behörde
Grenzgängerinnen und Grenzgänger müssen sich bei der zuständigen Behörde des jeweiligen Kantons melden. Damit alles seine Ordnung hat, muss ein Ausweis G beantragt werden. Dazu sind in der Regel folgende Unterlagen erforderlich:
- Arbeitsvertrag oder Arbeitsbescheinigung oder Nachweis der selbstständigen Tätigkeit in der Schweiz
- Gültige Bescheinigung über den Hauptwohnsitz, in Deutschland zum Beispiel Ansässigkeitsbestätigung.
- aktuelles Passfoto
- Eine Kopie des Reisepasses oder des Personalausweises.
- Für Schüler oder Studenten: Die Bestätigung der Schule oder eine Immatrikulationsbescheinigung der Universität.
Je nach kantonaler Behörde werden teils noch weitere Unterlagen angefordert. In der Praxis wird der Arbeitgeber sich um viele Formalitäten kümmern und den Antrag einreichen. Das entsprechende Anmeldeformular enthält allerdings Angaben, die sowohl vom Antragsteller als auch vom Arbeitgeber ausgefüllt werden müssen.
Für Grenzgänger obligatorisch: Krankenversicherung
Wichtig ist auch zu wissen, dass Grenzgängerinnen und Grenzgänger in der Schweiz die obligatorische Krankenversicherung abschliessen müssen. «Es gilt in diesem Zusammenhang das Prinzip des Erwerbsortes», erläutert Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration (SEM) in Bern. Anders als zum Beispiel in Deutschland beteiligt sich der Arbeitgeber nicht an der Krankenversicherung. Im Weiteren sind bei einer beruflichen Tätigkeit in der Schweiz gewisse Bedingungen zu erfüllen, die vor allem den Arbeitgeber betreffen. Die Anstellungsbedingungen müssen den üblichen, lokalen Verhältnissen entsprechen (Arbeitsbedingungen, Arbeitsvertrag, Lohn etc.). Weiter kommt der sogenannte Inländervorrang zum Tragen, d. h. der Arbeitgeber muss nachweisen, dass er die Stelle nicht anderweitig besetzen konnte.
Für Bürgerinnen und Bürger aus den EU- und EFTA-Staaten ist die Grenzgängerbewilligung im Allgemeinen für fünf Jahre gültig. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitsvertrag unbefristet abgeschlossen wird oder für mindestens ein Jahr gültig ist. Wenn der Antragsteller einen Vertrag mit einer kürzeren Gültigkeitsdauer vorlegt, ist die Grenzgängerbewilligung entsprechend befristet. Für eine Anstellungsdauer von weniger als drei Monaten sehen die Behörden vor, dass sich Grenzgänger online melden (Meldeverfahren): https://meweb.admin.ch/meldeverfahren/
Für berufstätige Personen aus den EU- und EFTA-Staaten gilt wie erwähnt die berufliche und geographische Mobilität. Das heisst: Grundsätzlich sind sie berechtigt, innerhalb der Schweiz den Arbeitgeber oder die Stelle zu wechseln. «Bei einem Stellenwechsel ist aber eine Meldepflicht einzuhalten», erläutert der Sprecher des zuständigen Staatssekretariats.
Lohn in der Schweiz: brutto oder netto?
Für Grenzgängerinnen und Grenzgänger ist nicht nur die Pflicht der Krankenversicherung zu beachten, sondern natürlich generell das Schweizer Sozialversicherungsrecht (vor allem die staatliche Vorsorge AHV). Daraus ergeben sich beim Lohn weitere Kosten und Beiträge. Nach allen Abzügen sind die Löhne netto natürlich tiefer als der Bruttolohn.
Wer bei einem Schweizer Arbeitgeber tätig ist, leistet seinen Teil für die Schweizer Sozialversicherungen und für die Betriebs- bzw. Pensionskasse. Analog wie für Schweizer Angestellte, die ihren Kostenbeitrag leisten, ergeben sich daraus Ansprüche auf Renten, zum Beispiel später eine Schweizer AHV-Rente in Schweizer Franken. Das Schweizer Rentensystem besteht aus der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und der ergänzenden beruflichen Vorsorge des Arbeitgebers (Pensionskassen) sowie der privaten Selbstvorsorge («drei Säulen»).
Vorsicht: Bei Arbeitslosigkeit müssen sich Grenzgänger bei ihrem Wohnsitz im Ausland melden.
Unterschied zum Status Aufenthalter
Der Hauptunterschied zu Personen mit einer Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung liegt darin, dass die Grenzgänger an ihrem bisherigen Heimatort angemeldet bleiben und auch dort Steuern bezahlen. Auf dem in der Schweiz erzielten Einkommen wird allerdings eine Quellensteuer in Höhe von 4.5 Prozent direkt abgezogen. Die Schweiz hat mit den Nachbarländern wie Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen.
Der Status von Grenzgängerinnen und Grenzgängern unterscheidet sich auch insofern, als sie in der Schweiz nicht ohne weiteres Immobilien erwerben können. Ausnahmen sind gewerbliche Immobilien oder eine Zweitwohnung. Grundsätzlich gelten sie aber nach dem Schweizer Recht als «Personen im Ausland» und unterstehen den Einschränkungen der Lex Koller. Der Erwerb einer Immobilie mit Wohnnutzungen oder später eines Hauptwohnsitzes ist mit einem Ausweis G nicht möglich – oder nur mit ausdrücklicher Bewilligung des jeweiligen Kantons.
Fazit: Die Vernetzung und Zusammenarbeit in den Grenzregionen nehmen zwar zu. Aber die formellen Aspekte, die Gesetze und Verordnungen, sind deswegen keinesfalls einfacher geworden! Es lohnt sich, sich im Voraus gründlich darauf vorzubereiten oder sich kompetent beraten zu lassen.
Weitere Informationen zum Thema Auswandern in die Schweiz erhalten Sie über folgende Links:
- Auswandern in die Schweiz: Basics und Checklisten
- Steuermodell Schweiz: Die Unterschiede zum Ausland
- Einreise in die Schweiz: Welche Papiere braucht es?
- Immobilie mieten: So funktioniert’s in der Schweiz
- Immobilien kaufen: Möglichkeiten und Einschränkungen in der Schweiz
- Banken in der Schweiz: Tipps rund ums Geld
- Versicherungen in der Schweiz: Welche Absicherung ist sinnvoll?
- Das Schweizer Bildungssystem kurz erklärt
- Auswandern: Abmeldung im Herkunftsland
- Wohnen in der Schweiz: «Wo soll ich hinziehen?»
- Umzug in die Schweiz: den Hausrat zollfrei einführen
Guten Tag
Wichtig dazu ist folgende Information:
Bei einer der letzteren Revision der AHV gab es eine wichtige Änderung.
Der Ehepartner/in von einem Grenzgänger ist nicht mehr AHV mitversichert bezüglich Altersrente.
Um mitversichert zu sein, müsste der Ehepartner entweder auch in der Schweiz arbeiten oder in der Schweiz eine Wohnadresse haben.
Geben Sie mir Bescheid falls ich Ihnen Unterlagen oder einen Link dazu schicken soll.
(Arbeiten und wohnen Sie im Ausland, so sind Ihre nicht erwerbstätigen Familienangehörigen grundsätzlich nicht bei der AHV/IV mitversichert, ausser sie begleiten Sie, wenn Sie von Ihrem Schweizer Arbeitgeber in eines der folgenden Länder entsandt werden: Australien, Brasilien, Bulgarien*, Chile, China, Dänemark*, Indien …)
Freundliche Grüsse
Cinzia Spagolla Ferrazzo
Guten Tag Frau Ferrazzo
Vielen Dank für diesen wichtigen Hinweis. Wir werden die Unterlagen gerne weiterleiten.
Freundliche Grüsse
Jürg Zulliger
Toller und informativer Artikel. Vor allem hilfreich für diejenigen, die Tourismus-Jobs in der Schweiz oder ähnliches suchen.
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Der Tourismus und die Hotels in der Schweiz haben ja bekanntlich einige schwierige Monate hinter sich. Es bieten sich aber interessante Jobs und viele ganz unterschiedliche Berufsfelder. – Vieles spricht dafür, dass wir im Sommer wieder wesentlich mehr Gäste haben werden.
schönen Guten Morgen ,
ich wohne im Süddeutschen Raum ca. 60 km entfernt von der Grenze.
Wenn ich einen Jobangebote in der Schweiz habe, kann /darf ich der Art der Bewilligung selber auswählen oder wer bestimmt es ?
Und wie geht man vor seine Bedürfnisse anzusprechen bzw. mit wem ?
Meine Vorstellung in der Praxis:
Ich wurde z.B. „ G“ nicht bevorzugen, wegen Pendeln und Zeit sondern in der Statt wo die Firma ist übernachten können auch spontan wenn es geht .
Zusätzlich möchte ich meine Kosten reduzieren und nicht 300€ Benzin pro Monat und mind. 10h / Woche auf der Strasse verbringen.
vielen Dank im Voraus .
LG
Matteo
Guten Tag Matteo
Wenn Sie eine Arbeitsstelle haben, können Sie sich in der Schweiz niederlassen und eine Wohnung mieten. Das ist sehr allgemein gesagt. Nützliche Infos und Adressen etc. finden Sie hier:
https://www.eda.admin.ch/dam/eda/de/documents/publications/EuropaeischeAngelegenheiten/EU-Buergerinnen-und-Buerger-in-der-Schweiz_de.pdf
Ich hoffe, dass Ihnen dies weiterhilft.
Mit freundlichen Grüssen
Jürg Zulliger
newhome.ch
Hallo zusammen
Ich Arbeite und lebe seit 13 Jahren in der Schweiz und habe mir jetzt als Altervorsorge ein Haus in Deutschland gekauft. Ich möchte jetzt meinen Wohnsitzt in diesen Haus anmelden, mein Lebensmittelpunkt bleibt weiterhin die Schweiz, weil ich dort arbeite und das Haus 700km entfernt von der Schweizer Grenze ist. Muss ich nach meiner Anmeldung in meinen Haus in Deutschland auf mein Einkommen in der Schweiz, zusätzlich in Deutschland steuern zahlen.
MfG M.Hellwig
Guten Tag Herr Hellwig
Solche spezifischen Fragen können wir hier im Blog nicht fundiert beantworten. Gerade bei den Steuern wird es sehr komplex. Ich empfehle Ihnen, sich an eine Fachperson zu wenden. Hier bei einem anderen Blog finden Sie weitere Kontaktstellen, Experten, Vereine, Interessenverbände für Doppelbürger etc.
https://www.newhome.ch/blog/de/auswandern-ch/auswandern-abmeldung-im-herkunftsland/
Freundliche Grüsse
Jürg Zulliger
Guten Tag Herr Zulliger
ich arbeite 2/3 Tage in der Schweiz und habe meinen Wohnsitz in Südtirol beibehalten (450 km Entfernung). In der Nähe meines Arbeitsortes habe ich eine kleine Wohnung gemietet. Nun ist meine Frage, habe ich mehr Abgaben in der Schweiz, durch das, dass ich eine zweite Wohnadresse in der Schweiz habe? Dabei meine ich nicht die Quellensteuer, diese wird mit der Steuer in Italien verrechnet und abgezogen. Ich überlege mir, nun in einem BnB diese zwei/drei Tage in der Woche zu übernachten und am WE nach Hause zu fahren. Würde ich in diesem Fall Abgaben sparen? Derzeit habe ich enorm hohe Abgaben insgesamt.
Herzlichen Dank
Guten Tag Maria
Besten Dank für Ihre Anfrage. In der Regel zahlen Sie als Wochenaufenthalterin dort Steuern, wo Ihr Lebensmittelpunkt ist. In den Details sind diese Steuerfragen sehr komplex, es gibt auch Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und den Nachbarländern. Ich hätte jetzt vermutet: Wenn die Schweizer Steuerbehörden Ihren Status als Wochenaufenthalterin akzeptieren, sollten sich die Abgaben im Rahmen halten. Was möglich ist: Sie zahlen auf Ihrem Einkommen vermutlich die Sozialversicherungsbeiträge in der Schweiz. Das lässt sich aber nicht vermeiden, wenn Sie stattdessen ein AirBnB mieten. – Ich würde Ihnen empfehlen, vor Ort bei einem Treuhänder und Interessenvertreter Grenzgänger/innen oder ählich Rat zu holen.
Freundliche Grüsse
Jürg Zulliger