Wer eine Wohnung oder ein Haus auf Land im Baurecht kauft, geniesst mehrere Vorzüge: Der Kaufpreis ist tiefer angesetzt, da das Bauland beim Eigentümer bleibt. Dafür zahlt der Baurechtsnehmer einen Zins. Doch Vorsicht: In der Praxis ist es nicht ganz einfach, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen. 

Das Baurecht in der Schweiz regelt die Planung, Errichtung, Nutzung und Sanierung von Gebäuden sowie die Erschließung von Grundstücken. (Bild: canva.com)

«Wohnung im Baurecht zu verkaufen.» – Konkret geht es um eine 4-Zimmer-Neubauwohnung in Männedorf. Der Kaufpreis netto liegt deutlich unter den lokal üblichen Preisen für gute Stockwerkeinheiten. Solche Angebote finden sich immer wieder. In den Städten kommt es öfters vor, Gebäude und ganze Siedlungen im Baurecht zu erstellen und zu nutzen. Oft sind es Grundstücke an zentralen Stadtlagen, die auch öffentlich von grossem Interesse sind und für die Wohnungspolitik eine Rolle spielen. Grundsätzlich ist jede Nutzung im Baurecht denkbar: Sportanlagen, privates Wohneigentum, Stockwerkeigentum, Mietwohnungen, Gewerbe- und Büroräume etc. 

Manchmal werden Baurechte für eine einzelne Parzelle eingeräumt oder für ein ganzes zusammenhängendes Quartier. In Genf oder Zürich oder auch bei Allmend-Kooperationen in ländlichen Gebieten sind es oft öffentlich-rechtliche Organisationen oder die Gemeinde, die Grundstücke behalten, sie aber im Baurecht überbauen lassen. Für die ganze Planung, die Baugenehmigung, den Bau und den Unterhalt des Gebäudes ist dann der Baurechtsnehmer zuständig.  

Manchmal ist ein Anteil sozialer Wohnungsbau verlangt. Wenn private Eigentümer eines Grundstücks einer fremden Person ein Baurecht einräumen, ist der Hintergrund meist ein anderer. Hier möchte der Eigentümer kein eigenes Haus erstellen, strebt aber mit dem Baurecht einen längerfristigen Ertrag an (eine Art Rente mit dem Boden als Kapitalanlage).  

Grundstück im Baurecht: Im ZGB definiert 

Ein Baurecht wird als sogenannte Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen und ist gesetzlich geregelt (ZGB Art. 675 und vor allem Art. 779). Ein Baurechtsvertrag läuft meist über 30 bis maximal 100 Jahre. Bei Wohnbauten sind 60 Jahre üblich. Nach Ablauf der Baurechtsdauer steht es den Parteien frei, den Vertrag zu verlängern (noch einmal maximal 100 Jahre). Wenn sich die beiden Parteien nicht auf eine Verlängerung einigen, geht die Immobilie wieder in das Eigentum des Grundeigentümers über («Heimfall»). In der Sprache der Juristinnen und Juristen ist es ein sogenannt selbständiges und dauerndes Recht, das auch übertragen und vererbt werden kann. 

Günstig zum Grundstück 

Zurück zu unserem Fallbeispiel mit der Eigentumswohnung in Männedorf: Ist das Angebot also ein Schnäppchen? In den Unterlagen ist genauer erläutert, dass die Überbauung in einem Baurecht der lokalen Gemeinde erstellt worden ist. Das heisst: Die Stockwerkeigentümer kaufen lediglich die Wohnung, aber ohne den sonst üblichen Anteil an Bauland kaufen zu müssen. Das Grundstück bzw. der Boden bleibt im Eigentum des Landeigentümers. Als Gegenleistung zahlen die Nutzer quasi eine «Miete» für das Land, oder genauer ausgedrückt eben den Baurechtszins.  Das hat einen wesentlichen Vorteil: Die Bewohnerinnen und Bewohner müssen den teuren Landanteil nicht finanzieren. Für den Käufer ist dies zunächst interessant, denn an guten Lagen kostet heute ein Quadratmeter Land bald einmal 2’000 oder 25000 Franken.

Bauen auf einem «fremden Grundstück» eignet sich grundsätzlich für Leute mit wenig eigenen Mitteln; denn längst ist es so, dass die Bodenpreise in den Städten für viele Leute nicht mehr erschwinglich sind. 

Kosten bei einer Eigentumswohnung 

Bauen auf «fremdem» Land wirkt auf den ersten Blick also günstig, der Kaufpreis und damit auch der Bedarf an Hypothekardarlehen einer Bank fallen tiefer aus. Dafür zahlen die Stockwerkeigentümer dem Baurechtsgeber wie erwähnt den Baurechtszins, zum Beispiel jährlich 2% des tatsächlichen Werts des Grundstücks (die Details regelt der Baurechtsvertrag).  

Die Nutzung von Gebäuden und Wohnungen im Baurecht ist von einiger Tragweite, und das Instrument des Baurechts hat Vor- und Nachteile. Wenn das Gebäude und das Land nicht eine Einheit bilden, hat dies für die Immobilie, die Bewertung und die Finanzierung Folgen, wie Monika Bürgi von der Bewertungsexperten-Kammer beim Branchenverband (SVIT) erläutert: «Was die Bewertung betrifft, gibt es aber keine einfache Formel. Es lässt sich nicht sagen, dass der faire Wert einer Wohnung im Baurecht zum Beispiel pauschal 20% oder 30% tiefer liegt als bei einem sonst üblichen Kauf einer Wohnung.» 

Checkliste vor dem Kauf 

Um die ganze Konstellation und die Immobilie richtig einschätzen zu können, sind verschiedene Parameter zu berücksichtigen: 

  • Wer ist überhaupt der Baurechtsgeber? Eine Gemeinde, eine alteingesessene Stiftung oder Kooperation, eine Firma, eine Privatperson? 
  • Für wie lange ist das Baurecht abgeschlossen, wann wird die Nutzung der Immobilie im Baurecht enden? 
  • Wie hoch ist der jährliche Baurechtszins? 
  • Wie und wie oft wird der Baurechtszins der aktuellen Wirtschaftslage, dem Verlauf der Zinsen oder der Inflation angepasst? 
  • Wie hoch ist die Heimfallentschädigung? Am Ende der Laufzeit geht das Gebäude bzw. die Immobilie in das Eigentum des Baurechtsgebers zurück. Dafür zahlt er oder sie aber eine Entschädigung. 

«Wer eine Wohnung oder ein Haus im Rahmen eines solchen Baurechts kauft, sollte sich fachlich beraten lassen», empfiehlt Monika Bürgi. Im Vertrag finden sich meist komplexe juristische Formulierungen und Formeln, die für Laien nicht leicht verständlich sind. Und selbst für geschulte Fachleute und professionelle Bewerterinnen ist es nicht ganz einfach, einen Baurechtsvertrag auf Herz und Nieren zu prüfen. Das hat damit zu tun, dass es bei einem Baurecht um sehr grosse Zeiträume geht. Und die künftige Entwicklung der Landwerte, Zinsen, Inflation, Neuwerte von Gebäuden etc. lassen sich nicht vorhersagen. In den letzten Jahren haben zum Beispiel diejenigen profitiert, die Land selbst im Eigentum halten – weil die Landwerte fast überall gestiegen sind. 

Es ist wichtig sich zu den juristischen Formulierungen und Formeln beraten zu lassen. (Bild: canva.com)

Ein Baurechtsgeber hat davon aber nicht direkt profitiert, weil der Baurechtszins deswegen nicht gestiegen ist. Viele Verträge sehen vor, dass der Baurechtszins alle 10 Jahre angepasst wird. Und zu diesem Punkt beim Baurecht ist schon einiges an Sachverstand notwendig, um den Mechanismus zu durchschauen und abschätzen zu können, ob die Bedingungen des Baurechtsvertrags angemessen sind oder nicht.  Daniel von Arx von der Luzerner Kantonalbank empfiehlt, nebst dem Baurechtszins und anderen vertraglichen Bestimmungen vor allem die restliche Laufzeit des Vertrags anzuschauen. Läuft der Vertrag bereits in vier oder fünf Jahren aus, birgt diese Konstellation einige Risiken. Im Übrigen verlangen viele Banken, dass die Hypothek bis zum Ende des Baurechts amortisiert ist. 

Restlaufzeit und Heimfallentschädigung 

Bei der Planung für ein Einfamilienhaus oder einer anderen Form eines Eigenheims geht es natürlich auch ums Geld.

Wichtig dabei: Wer eine Liegenschaft im Baurecht baut und langfristig nutzt, sollte sich konkret budgetieren, welche Kosten auf ihn zukommen (Gebäudeunterhalt, Hypothek, Baurechtszins).

Wichtig ist schliesslich die Höhe der Heimfallentschädigung. Expertin Monika Bürgi Geng sagt dazu: «Ich bin der Meinung, dass die Immobilie beim Ende des Baurechts zum dannzumaligen Wert entschädigt werden sollte.» Wenn also ein Haus oder ein Block mit Mehrfamilienhäusern am Schluss wieder an den Eigentümer fällt, sollte der Baurechtsnehmer angemessen entschädigt werden. Denn er oder sie hat ja das Haus auf eigene Kosten erstellt und instandgehalten.   

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