Viele Leute unterschätzen, dass in der Schweiz praktisch sämtliche Bauten und Umbauten bewilligt werden müssen. Was ohne Baubewilligung gebaut werden darf, lässt sich fast an einer Hand abzählen: etwa ein kleiner Geräteschuppen, ein kleines Gartenhaus oder ein Festzelt, das Sie nur für ein paar Tage aufstellen.

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In der Praxis kommt das oft vor: Viele Leute erstellen am Haus oder im Garten irgendwelche Anlagen – sie bauen einen Spielplatz, bringen neue Spielgeräte, einen Zaun oder einen Sichtschutz an. Kaum jemand denkt dabei an Baugesetze, Paragrafen und Vorschriften. Das kann unangenehme Folgen haben. Erfahrene Baujuristen und Profis kennen dieses Spannungsfeld. Fast alles ist heute geregelt, muss genauer geprüft und bewilligt werden.  

Die meisten wissen wohl darum, dass grössere Anlagen, ein Gewerbebau, ein von Grund auf neu gebautes Wohnhaus oder ein neuer Stall einer Bewilligung bedürfen. Dasselbe wäre wohl für einen Abbruch oder eine Totalsanierung zu vermuten. Doch das Baurecht geht noch wesentlich weiter: Nach dem Wortlaut der Baugesetze gilt oft selbst ein Gartenhaus als neue Anlage und muss den Bewilligungsprozess durchlaufen.

Baugesuch: Beispiel mit dem Gartenhaus 

Machen wir die Probe aufs Exempel: Im Kanton Bern sind tatsächlich nur Kleinstbauten von einer Bewilligungspflicht ausgenommen. Einen Geräteschuppen oder ein Gartenhaus dürfen Sie «einfach so» bauen, wenn gewisse Masse nicht überschritten sind – das Gartenhaus darf nicht mehr als 2,5 Meter hoch sein und eine Grundfläche von höchstens 10 Quadratmetern aufweisen. Für den Kanton Zürich ist die Faustregel zu beachten, dass das Gartenhaus ebenfalls höchstens 2,5 Meter hoch sein darf und die Grundfläche 6 Quadratmeter nicht übersteigen darf. Meist ist noch daran zu denken, dass das Gartenhaus natürlich innen nicht ausgebaut und nicht beheizt sein darf. 

Doch selbst diese Auskunft zum Thema «Brauche ich eine Baubewilligung?» behandelt das Thema noch lange nicht erschöpfend. Nehmen wir als Fallbeispiel Hauseigentümer Roland Felber aus dem Zürcher Unterland (Name geändert): Er hat im Baumarkt ein kleines Gartenhaus gekauft und wollte es übers Wochenende mit zwei Kollegen aufstellen. Um auf Nummer sicher zu gehen, ruft er zuvor noch das Bauamt an. «Wo genau wohnen Sie?», fragt die Mitarbeiterin der Gemeinde.  

Denn selbst für Kleinstbauten kommt es vor, dass sie von der Gemeinde bewilligt werden müssen! Falls das Haus von Roland Felber in der so genannten Kernzone des Dorfes liegt, ist ein ordentliches Baubewilligungsverfahren notwendig. Dasselbe gilt, wenn sein Wohnhaus in irgendeiner Weise unter Schutz steht (Ortsbild- oder Denkmalschutz). Was Laien auch nicht wissen können: Manchmal sind auf den Bauparzellen Grenzabstände, Baulinien etc. zur Strasse oder zum Nachbarn einzuhalten. So blüht manchem Eigentümer und Heimwerker, der mal übers Wochenende tätig werden wollte, eine böse Überraschung.  

Übrigens: Zwei oder drei Fahnenstangen im Garten sind erlaubt. Wenn Sie aber einen ganzen Wald von Fahnenstangen aufbauen – dann sollten Sie dies mit Vorteil bewilligen lassen. 

Ein erstes Fazit: Am besten fahren Sie mit der Annahme, dass praktisch alles einer Baubewilligung bedarf. Wer unsicher ist, ruft besser einmal zu viel bei der zuständigen Behörde an als einmal zu wenig. Denn selbst Spielplätze, ein Wintergarten oder neue Dachfenster ab einer gewissen Grösse müssen bewilligt werden. 

Baugesuch: Vom Formular bis zur Baufreigabe 

Wie läuft das Bewilligungsverfahren ab? Ganz am Anfang steht die Vorabklärung. Am besten wenden Sie sich an die zuständige Behörde, die eben je nach Kanton und Gemeinde anders heisst (Bauamt, Kreisarchitekt, Amt für Baubewilligungen etc.). Die meisten Behörden empfehlen sogar, dass sich Hauseigentümer vorgängig informieren sollten. Am besten gehen Sie mit entsprechenden Unterlagen vorbei und erläutern Ihre Idee. Die Behörde wird Ihnen sagen können, ob Ihr Projekt bewilligt werden muss und was zu beachten ist. Dazu müssen Sie sich natürlich legitimieren und zumindest nachweisen, dass Sie tatsächlich der Eigentümer des Grundstücks sind. 

Falls es einer Bewilligung bedarf: Die Behörde wird Ihnen alles Weitere mitteilen oder stellt Merkblätter zur Verfügung. Viele Checklisten und FAQs für Ihre Wohngemeinde finden Sie heute online. Sie enthalten die wesentlichen Informationen, welche Unterlagen, Pläne und Formulare erforderlich sind. Vorsicht: Je nach Komplexität des Vorhabens sind oft noch mehr kommunale und kantonale Stellen involviert (Lärmschutz, Energievorschriften, Umweltschutz, Erschliessung, Parkplätze, Kanalisation etc.). 

Danach wird das Vorhaben öffentlich ausgeschrieben – in den amtlichen Publikationen der Behörde oder der Gemeinde. Auf dem Grundstück werden Bauprofile aufgestellt. Danach laufen Einsprachefristen.  In vielen Gemeinden ist es möglich, für kleinere Vorhaben ein vereinfachtes Verfahren durchzuführen.  

Was ist im Kern zu prüfen? 

Bei einem ordentlichen Baubewilligungsverfahren wird Ihr Vorhaben auf Herz und Nieren geprüft. Dabei ist zu beachten, dass die Zahl an Bestimmungen und Gesetzen in den letzten Jahren weiter zugenommen hat. Das macht es auch für die Behörden nicht leichter, Baugesuche zügig zu prüfen und zu bewilligen. Die zuständige Behörde prüft, ob alle gesetzlichen und sonstigen Vorschriften eingehalten sind oder nicht. Zudem bietet das ordentliche Verfahren Nachbarn die Möglichkeit, sich darüber zu informieren und gegebenenfalls ihre Interessen zu vertreten – und Einsprache zu erheben. 

Sie haben erst dann grünes Licht, wenn der Entscheid der zuständigen Behörde rechtskräftig ist und die entsprechende Baufreigabe erteilt wurde. 

FAQ’s: Baubewilligungen in der Schweiz 

Da es vor allem bei grösseren Umbauten oder Neubauten immer wieder Verzögerungen geben kann, sollten Sie diese Fristen im Auge behalten. Ungeplante Lieferengpässe bei Unternehmern, Fehler bei der Ausführung etc. können immer wieder zu Verzögerungen führen. In den meisten Kantonen sind die Fristen aber grosszügig: Die Baubewilligung ist meist für zwei bis drei Jahre gültig. 

Je nach Ort und Komplexität ist das sehr unterschiedlich. Im Idealfall erhalten Sie die erforderlichen Genehmigungen innerhalb von ein bis zwei Monaten. In kleineren und ländlichen Gemeinden dürfte es meist zügiger gehen als in einer Stadt mit einem höheren Anteil an grossen und komplexen Projekten. Da die Projekte öffentlich ausgeschrieben sind und dann Rekurs- bzw. Einsprachefristen laufen, müssen Sie bei einem ordentlichen Verfahren immer eine gewisse Zeitspanne einrechnen. 

Nehmen wir ein Beispiel: Die Stadt Bern schreibt, im Idealfall daure das Baubewilligungsverfahren drei Monate. Es könnte aber länger dauern, wenn: 

  • die Unterlagen unvollständig oder fehlerhaft sind, 
  • Wenn zusätzliche Prüfungen notwendig sind (Fachkommissionen etc.), 
  • Wenn Einsprachen gegen das Bauvorhaben eingereicht werden. 

Offiziell sagen die meisten Bauämter: Nein. Doch de facto hängt dies von Ihrem konkreten Bauvorhaben ab. Für geringfügige Änderungen oder Kleinbauten sollte dies nicht notwendig seinWenn Sie aber einen grösseren Eingriff planen – etwa den Ausbau des Dachstocks oder eine Gesamtsanierung – werden Sie mit Vorteil einen Architekten beiziehen. Die Profis können Sie beraten, Ihre Wünsche optimal mit einem individuellen Entwurf zu verwirklichen. Architekten und Architektinnen sind auch geübt darin, das Baugesuch und alle notwendigen Formulare, Pläne und Unterlagen professionell aufzubereiten. Das kann die Erfolgschancen wesentlich verbessern. 

Nach der aktuellen Politik sollten die Hürden hier nicht zu hoch sein – das entspricht dem Grundsatz, erneuerbare Energien zu fördern. Wenn die Anlage nicht allzu gross ist und sich gut ins Bild des Gebäudes einfügt, braucht es meist keine Bewilligung. Laut Raumplanungsgesetz sind PV-Panels bzw. Solaranlagen auf Dächern bewilligungsfrei, wenn sie genügend angepasst sind. Doch auch hier gilt: Die Kantone und Gemeinden kennen viele Ausnahmen. In Zonen mit Ortsbildschutz, bei Objekten unter Denkmalschutz oder solchen, die historisch besonders wertvoll sind, braucht es meist doch eine Baubewilligung. Am besten erkundigen Sie sich in Ihrem Kanton: Selbst wenn es keiner Bewilligung bedarf, müssen neu installierte PV-Anlagen im Kanton gemeldet werden. 

In fast allen Fällen: Ja. Kriterium bei jedem Bauvorhaben ist die Frage, ob die Anlage fest verankert und mit dem Boden verbunden ist – eben kein Festzelt, das Sie nach Gebrauch wieder wegräumen. Je nach Baugesetz und Kanton spielen die Ausmasse eine wesentliche Rolle (Höhe, Breite, Länge, Grundfläche, Überdachung). In jedem Fall müssen Sie ein Baugesuch einreichen, wenn Ihr Wintergarten voll ausgebaut, vielleicht sogar beheizt und dauernd bewohnt und genutzt wird. An die Adresse aller Heimwerker ist daher die Botschaft zu richten: Fragen Sie bei der Gemeinde nach, bevor Sie mit Hammer und Bohrmaschine ans Werk gehen. 

Allgemein gesagt: Nein. Wenn Sie die Nutzung der einzelnen Räume nicht ändern und das Haus aussen unverändert bleibt, müssen Sie deswegen keine Bewilligung des Bauamtes einholenAuch Reparaturen oder ein Neuanstrich der Fassade aussen können ohne Baugesuch umgesetzt werden. Wenn Sie aber aussen die Farbgebung, das Dach oder das äussere Erscheinungsbild ändern, müssen Sie für Ihr Bauvorhaben ein Gesuch stellen. 

Meist ja. Nach dem Raumplanungsgesetz müssen eigentlich alle Bauten und Anlagen behördlich bewilligt werden. Das gilt also auch für den eigenen Swimming-Pool im Garten. Ausnahmen kennen die Kantone höchstens für kleine Pools, die nur im Sommer aufgestellt werden und keine fest installierte Anlage darstellen (d. h. keine Baugrube oder fest installierten Teile). 

Ja. Grössere Sanierungen und insbesondere energetische Verbesserungen müssen fast immer vorgelegt und bewilligt werden. Wenn Sie zum Beispiel eine Wärmepumpe mit Erdsonde planen, sind noch zusätzliche Punkte zu klären (Gewässerschutz, Umweltauflagen, geologische Eignung etc.). Das kantonale Bau- und Energiegesetz ist einzuhalten. Wenn Sie in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft leben, gehören Planungen, Ausschreibungen, Organisation der Bewilligung etc. zu den Aufgaben der Verwaltung.  

Letztlich bleiben nur wenige Massnahmen und Änderungen, die nicht bewilligt werden müssen. Vor allem bei besonderen Häusern, die unter Schutz stehen, ist der Handlungsspielraum eng! In der Regel bewilligungsfrei sind:

  • der normale Gebäudeunterhalt (Reparaturen, Dachrinnen oder Dach reparieren, Service und Unterhalt von Geräten und Anlagen, Erneuerung von Oberflächen und Materialien etc.). 
  • Gartenarbeiten, die keine wesentliche Änderung darstellen (ein Gartenbrunnen, Pflanzentröge, ein neuer Fussweg, Gartencheminées, ein kleiner Teich), 
  • Malerarbeiten und reine «Pinselrenovationen» im Innern von Gebäuden, meist auch ein Neuanstrich der Fassade, wenn dadurch die Farbgebung und das äussere Erscheinungsbild nicht verändert werden, 
  • offene, ungedeckte Gartensitzplätze, 
  • Brunnen, Teiche, künstlerische Plastiken oder ein Sandkasten im Garten, 
  • Austausch von Fenstern (wenn das äussere Erscheinungsbild nicht verändert wird und keine spezielle Bestimmungen wie Lärmschutz zu beachten sind), 
  • kleine Mauern, Sichtschutz, Wände und geschlossene Einfriedigungen müssen meist nicht bewilligt werden. Doch Vorsicht: Bereits ab einer Höhe von 80 Zentimetern oder 1 Meter und einer gewissen Länge müssen Sie den Bau von Mauern etc. bewilligen lassen.