In einem Zeitalter, in dem Ressourcen schwinden und der Klimawandel immer deutlicher wird, ist eine energiesparende Bauweise gefragt. Zu dieser Bauweise gehören in der Schweiz seit vielen Jahren Minergie-Wohnungen.  Sowohl im Neubau als auch in der Gebäudesanierung bürgt das Label Minergie für tiefen Energieverbrauch und mehr Komfort in der Wohnung.

In der Schweiz sind ca. 55’000 Gebäude nach Minergie zertifiziert worden. Hier ein neu gebautes Mehrfamilienhaus im Kanton Graubünden mit dem Label Minergie-A-ECO (Bild: Architektur Fanzun AG).

Die Vorteile von Minergie sind vielfältig. Zum einen trägt das Label dazu bei, die Umweltbelastung zu reduzieren und sparsam mit Ressourcen umzugehen. Zum anderen sorgt es für niedrige Betriebskosten und zugleich für ein angenehmes Innenraumklima in einer Wohnung, und zwar sowohl im Sommer wie auch im Winter.

Fachleute sind sich einig, dass die CO2-Emissionen, die durch das Heizen verursacht werden, noch deutlich gesenkt werden müssen. Rund ein Drittel der schädlichen Klimagase in der Schweiz geht auf das Konto Heizung. Die Kantone haben die Bau- und Energievorschriften in den letzten 25 Jahren sukzessive revidiert und stellen höhere Anforderungen. Sowohl der Bund mit dem CO2-Gesetz als auch die Kantone werden diese Politik fortsetzen – um den Energieverbrauch und auch die CO2-Emissionen zu senken.

Minergie-Label: Setzt seit 1998 Standards

Als Meilenstein galt es, als 1998 das Schweizer Label Minergie eingeführt wurde. Im Fokus war von Anfang an die «rationelle Energienutzung», wobei die Pioniere von damals weit über die kantonalen Mindeststandards hinausgingen. Hinter dem Schweizer Label steckten zunächst engagierte Privatpersonen, später wurde der anerkannte Standard für Niedrigenergiehäuser in der Schweiz massgeblich vom Bund, den Kantonen und privaten Unternehmen unterstützt. Minergie ist formell gesehen eine geschützte Marke und wird von einem privaten Verein mit Sitz in Basel getragen.

Insgesamt sind bis jetzt fast 55’000 Gebäude nach Minergie zertifiziert worden. Es sind ganz unterschiedliche Immobilien, die heute mit dem Minergie-Standard ausgezeichnet worden sind – nicht nur viele Wohnbauten, sondern auch Büro- und Schulhäuser, Spitäler etc. Andreas Meyer Primavesi, der Geschäftsführer von Minergie, sagt dazu: «Der Marktanteil variiert im Neubau je nach Jahr und Region zwischen 10 und 20 Prozent.» Ein Minergie-Gebäude verbraucht je nach Label 20 bis 55 Prozent weniger Energie als ein konventioneller Bau. Zudem produziert es zu einem wesentlichen Teil die Energie selbst und verursacht keine direkten CO2-Emissionen. «Dazu kommt der überdurchschnittliche Komfort einer Wohnung im Minergie-Standard», erläutert Meyer Primavesi weiter. Dazu zählt er vor allem den ausgezeichneten sommerlichen Hitzeschutz und die bessere Qualität der Innenraumluft.

Weshalb hat es eine Lüftungsanlage?

Jede Minergie-Wohnung ist mit einer automatischen Lüftungsanlage ausgestattet. Schlechte Luft, Schadstoffe und Viren werden dadurch nach aussen geführt, während Tag und Nacht frische Luft nachströmt. Zugleich trägt diese Lüftung zu einem behaglichen Klima bei und beugt der Bildung von Schimmelpilz in der Wohnung vor. Investoren, die zum Beispiel in den Städten Wohnungen vermieten, sehen die Lüftung als Mehrwert: Die Wohnung lässt sich gut vor Lärm schützen, ohne auf frische Luft verzichten zu müssen.

Viele Leute stellen sich ganz praktische Fragen: «Was muss ich als Wohnungskäufer oder als Wohnungsmieterin wissen, wenn ich in eine Minergie-Wohnung ziehe?» – Grundsätzlich können die Nutzer jederzeit die Fenster individuell öffnen. Vor allem im Winter empfiehlt es sich, die Fenster nicht dauernd in Kippstellung zu belassen. Denn dadurch geht unnötig viel Wärme verloren. In einem Flyer von Minergie heisst es wörtlich: «Vermeiden Sie permanent offene Fenster (zum Beispiel Kippfenster), um die Vorteile des Belüftungssystems optimal zu nutzen.»

Die Labels im Überblick

Minergie umfasst verschiedene Qualitätsstandards, Dienstleistungen und Labels. Nebst dem seit 1998 bekannten Standard Minergie für Neubauten und Sanierungen sind vor allem die Labels Minergie-P, Minergie-A sowie als zusätzliches Qualitätsmerkmal Minergie-ECO bekannt:

  • Minergie-P: Dieser Standard war ursprünglich vergleichbar mit ähnlichen Ansätzen, etwa den Passivhäusern in Deutschland. Eine Wohnung nach Minergie-P kommt mit extrem wenig Energie pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr aus. Technisch wird dies mit verschiedenen Massnahmen umgesetzt, vor allem mit einer sehr hohen Qualität von Gebäudehülle und Fenstern. In einer solchen Wohnung muss der Vermieter praktisch gar nicht mehr heizen.
  • Minergie-A: Hier ist eine grössere PV-Anlage verlangt, die den Energiebedarf des Gebäudes für den Betrieb abdeckt. Minergie-A gilt somit als Standard mit maximaler Autarkie; eine nach Minergie-A zertifizierte Liegenschaft funktioniert als Plus-Energiehaus. Diese Gebäude produzieren übers Jahr mehr Energie als sie benötigen.
  • Minergie-Eco: Wer die hohe Energieeffizienz mit bauökologischen Aspekten erweitern will, entscheidet sich am besten für den Zusatz Minergie-Eco.  Hier werden auch gesundheitliche Aspekte, Bauökologie, verträgliche Materialien und graue Energie besonders berücksichtigt. Der ECO-Katalog umfasst 80 Kriterien für Neubauten sowie 78 für die Gebäudeerneuerung.

Das Label geniesst in der Öffentlichkeit einen guten Ruf. Manche Mieter sehen diese Qualität als Mehrwert, den sie nötigenfalls auch einfordern. In Basel ging zum Beispiel ein Mieter vor Gericht, als zwar Minergie versprochen war, aber das Gebäude bzw. der Vermieter schliesslich kein entsprechendes Zertifikat vorlegen konnte.

Was sagen Experten?

Andreas Baumgartner, Ingenieur und Experte für nachhaltiges Bauen, sagt dazu: «Eine Zeit lang hat das Label etwas an Bedeutung verloren. Denn es ist ein Energie-Label, während aber viele Bauherrschaften Nachhaltigkeit heute wesentlich weiter auslegen.» Überzeugend sind aus Sicht des unabhängigen Experten vor allem die Varianten Minergie-A und Minergie-P. Das «normale» Minergie-Label hebe sich heute zu wenig davon ab, was gesetzlich ohnehin verlangt sei.

Eine erste Schlussfolgerung: Wer als Vermieter oder Mieter Wert auf einen tiefen Energieverbrauch legt und Ressourcen schonen will, orientiert sich nach wie vor am Minergie-Label. Minergie-Gebäude nutzen erneuerbare Energien und kommen ohne Öl oder Gas aus. Ein Minergie-Haus oder eine Minergie-Wohnung bietet damit die Sicherheit, «mit den heutigen und künftigen Klimazielen der Schweiz kompatibel zu sein», betont Andreas Meyer Primavesi. Die Anforderungen an den Energieverbrauch und die entsprechenden technischen Standards sind so gestaltet, dass fossile Brennstoffe in den Minergie-Wohnungen nicht mehr infrage kommen.

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In der Immobiliensuche von newhome.ch sind Wohnungen und Häuser mit Minergie gekennzeichnet.

Übrigens wird die Einhaltung der Qualitätsstandards auch regelmässig überprüft, etwa durch Stichproben während des Baus eines Minergie-Gebäudes; in einigen Gebäuden ist sogar vorgeschrieben, den Energieverbrauch zu messen (Energie-Monitoring). Technisch gesehen sind bei Minergie-Gebäuden einige zusätzliche Aufwendungen und Investitionen zu berücksichtigen, etwa für eine höhere Qualität der Fenster, für eine sehr gute Gebäudehülle, die Lüftungsanlage, die Photovoltaik und teils auch für ein Energiemonitoring.

Was kostet Minergie im Bau?

Der Verein Minergie schätzt, dass je nach konkreten Umständen und je nach Label die Mehrkosten etwa 2 bis 5 Prozent ausmachen. Diese Grössenordnung bezieht sich rein auf Erstellungskosten eines Gebäudes. In dieser Gesamtbilanz sind allerdings auch noch einige andere Aspekte zu berücksichtigen, wie Andreas Meyer Primavesi ergänzt: «Im Betrieb zahlt es sich natürlich aus, dass die Heizkosten tiefer ausfallen. Kommt hinzu, dass die auf dem Dach produzierte erneuerbare Energie günstiger ist als der normale Netzstrom und erst noch unabhängig macht von fossilen Energieträgern.» Insgesamt sind die Nebenkosten in Minergie-Gebäuden tiefer, jedenfalls machen die Einsparungen bei der Energie mehr aus als der Mehraufwand für Technik und Services. Wie in anderen Gebäuden auch fallen aber unverändert andere Neben- und Betriebskosten an, etwa für Hauswartung Gartenunterhalt, Reinigung oder für den Service von Liftanlagen.

Das richtige Nutzerverhalten

Der Verein Minergie empfiehlt, die Mieterinnen und Mieter in entsprechend zertifizierten Siedlungen zu informieren und zu sensibilisieren. «Man kann im Betrieb problemlos nochmals 10 Prozent Energie sparen, wenn man sich richtig verhält», erläutert Meyer Primavesi. Dazu gehört natürlich das richtige Lüften im Winter, eine angemessene Einstellung von Thermostaten respektive die Regulierung der Raumtemperatur (siehe auch Heizkosten sparen [10 Tipps]). Im Sommer kommt es auch darauf an, die Sonnenstoren richtig zu benützen und auf die aktive Kühlung von Gebäuden möglichst zu verzichten. Wegen der sehr hohen Qualität der Gebäudehülle lässt sich im Hochsommer in einer Minergie-Wohnung angenehm leben – denn die Gebäude werden weniger schnell aufgeheizt als andere Häuser.

Künftig sogar «Minergie-Areal»

Das Minergie-Label hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. «Ab Sommer 2023 bietet Minergie auch einen Standard für Areale an», erläutert Andreas Meyer Primavesi. Ergänzend zu den bekannten Anforderungen geht es dabei auch um Vorgaben zum Aussenraum in einem Quartier, es geht um die Mobilität und die Organisation. Zudem hat man einen Spielraum, die energetischen Anforderungen nicht einzeln pro Gebäude, sondern über das ganze Areal respektive Quartier zu erfüllen («Minergie-Areal»). Im Kern wird es hier ebenfalls darum gehen, um Lauf der Jahre den Energieverbrauch so tief wie möglich zu halten.

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