Was bedeuten nachhaltiges Bauen und grüne Hypotheken für unsere Zukunft? Beide Elemente sind entscheidend bei der Modernisierung des Gebäudebestands. Um die CO2-Emissionen zu verringern, aktualisieren die Kantone kontinuierlich ihre Bauvorschriften. Seit 2023 ist Energieeffizienz auch ein wesentlicher Faktor bei der Vergabe von Hypotheken.
- Den Wandel gestalten
- Nachhaltige Produkte
- Luzerner KB: «starke Nachfrage»
- Vorteile der Energiespar-Hypothek
- St.Galler KB: CO2-Rechner gibt Orientierung
- Nachhaltige Hypothek: Umfassend beraten
Ein kalter Winter könnte uns die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen erneut vor Augen führen. Hohe Energiepreise bereiten vielen Leuten Sorgen. Fragt sich bloss: Energiekrise oder Energiewende? Vieles ist in Bewegung. Immer mehr Banken nehmen eine nachhaltige Wirtschaft zum Massstab. Sowohl Geldanlagen, aber auch Kredite oder Guthaben auf dem Konto sollen in Zukunft höheren Ansprüchen genügen. Immer mehr Banken denken um und sind innovativ bei den Hypotheken («nachhaltige» oder «grüne Hypothek»). Damit beginnt bei der Finanzierung von Wohnbauten ein neues Kapitel.
Den Wandel gestalten
Remo Thoma, Spezialist Nachhaltige Immobilien bei der Thurgauer Kantonalbank, sagt dazu: «Gebäude respektive deren Heizungen verursachen rund 25 bis 30 Prozent der CO2-Emissionen in der Schweiz. Dementsprechend haben die Banken mit Hypotheken eine grosse potentielle Hebelwirkung.» Wenn bei der Gestaltung der Finanzierungsprodukte Nachhaltigkeit ein wichtiges Kriterium ist, lässt sich dadurch der Wandel mitgestalten. All dies trägt massgeblich dazu bei, das längerfristige Ziel netto Null bei den Treibhausgasen bis 2050 zu erreichen.
Seit dem Jahr 2023 gelten neue «Richtlinien für Anbieter von Hypotheken zur Förderung der Energieeffizienz».
Ein neues Prinzip lautet: Bei der Beratung sollen Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer auf den Erneuerungsbedarf ihrer Liegenschaft angesprochen werden. Ganz konkret sind sie zu motivieren, sich mit der Werterhaltung und Energieeffizienz ihrer Immobilien auseinanderzusetzen. Parallel dazu haben viele Banken schon jetzt damit begonnen, ihre Hypotheken anzupassen. Im In- und Ausland sind unterschiedliche Begriffe dafür üblich, etwa Green Mortgage, grüne Hypothek, Nachhaltigkeitshypothek, Energie-Hypothek, Minergie-Hypothek etc. Es gibt zwar keine einheitliche Definition für «grüne Hypothek». Meist geht es aber darum, dass ökologisches Bauen und Energieeinsparungen belohnt werden sollen.
Nachhaltige Produkte
Interessant dabei: Die Anforderungen werden laufend der aktuellen Lage angepasst. Bei der Thurgauer Kantonalbank (TKB) war es bisher üblich, dass sowohl bei Neu- als auch bei Umbauten ein Minergie-Zertifikat vorausgesetzt wurde, zum Beispiel Minergie oder Minergie-P. Auch ein GEAK (Gebäudeenergieausweis der Kantone) von den Klassen A bis C konnte anerkannt werden. So belohnt die Bank zum Beispiel energetische Sanierungen nach diesen Standards mit einer Ermässigung beim Zinssatz von 0,5 Prozent.
Die Vergünstigungen sind je nach Höhe der Hypothek limitiert und befristet. Grundsätzlich gilt: Es kommen sowohl Neu- als auch Umbauten infrage. Auch die Produktwahl ist bei der TKB flexibel – der Kunde oder die Kundin kann die Finanzierung zum Beispiel auf Basis einer Festhypothek oder einer Saron-Hypothek abschliessen. Eine Sprecherin der TKB betont, dass die Bank neu auch Vergünstigungen für Einzelbauteile vorsieht.
Am besten erkundigen Sie sich bei Ihrer jeweiligen Bank nach «grünen Hypotheken» und den aktuellen Bestimmungen (hier zum Beispiel die Infos zu nachhaltig Bauen der Thurgauer Kantonalbank).
Für die Praxis ist es besonders wichtig, dass auch einzelne Massnahmen von den Vergünstigungen profitieren. Denn nicht immer steht den Haus- oder Stockwerkeigentümern ausreichend Kapital zur Verfügung, um innerhalb kurzer Zeit eine Gesamtsanierung finanzieren zu können.
Luzerner KB: «starke Nachfrage»
Auch für Sandra Eitel, Produktmanagerin Finanzieren bei der Luzerner Kantonalbank (LUKB), hat das Thema eine hohe Priorität: «Es gibt eine starke Nachfrage nach Finanzierungen, um zum Beispiel den Einbau einer Wärmepumpe oder von Fotovoltaikanlagen zu ermöglichen.» Deshalb hat die LUKB im Herbst 2023 die Energiespar-Hypothek plus lanciert. «Mit der Energiespar-Hypothek plus setzen wir uns aktiv für die Förderung erneuerbarer Energien, verbesserte Gebäudeeffizienz und Energieeinsparungen ein, um die CO2-Reduktionsziele auf nationaler und kantonaler Ebene zu erfüllen», erläutert Sandra Eitel.
Bei der ökologisch nachhaltigen Sanierung wird berücksichtigt, dass die Beweggründe je nach Gebäude und Kunde sehr unterschiedlich sind. Es kann sich dabei um folgende handeln:
- tiefere Betriebs- und Unterhaltskosten
- bessere Werterhaltung
- erhöhter Wohnkomfort
- mögliche Steuervorteile
- geringere Umweltbelastung
- attraktive Zinsvergünstigung
Vorteile der Energiespar-Hypothek
Die Energiespar-Hypothek plus eignet sich ideal zur Finanzierung von nachhaltigen Sanierungen und ökologischen Neubauten. Neben einer Hypothek zu attraktiven Konditionen bieten die LUKB ihren Kundinnen und Kunden Zugang zu einem Netzwerk von externen, zertifizierten Energieexperten, die sie bei der Planung und Umsetzung von energetischen Sanierungen beraten und begleiten. Die Zinsvergünstigung beträgt 0,5 Prozent auf dem Zinssatz während Laufzeit des vom Kunden gewählten Produkts.
Meis gelten gewisse Mindest- und Maximalbeträge und gewisse Fristen (bei einer Saron-Hypothek gewährt die Bank die Vergünstigung zum Beispiel während fünf Jahren). Am besten erkundigen Sie sich nach den aktuellen Konditionen und entscheiden dann.
Bei Sanierungen von bestehenden Liegenschaften sollte der Anteil der energetischen Massnahmen mindestens 60 Prozent der gesamten Sanierungskosten betragen. Bei Neubauten ist ein Gebäudeenergieausweis (GEAK A/A/A), ein Minergie- oder ein SNBS-Zertifikat (Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz) erforderlich.
St.Galler KB: CO2-Rechner gibt Orientierung
Auch bei der St.Galler Kantonalbank sprechen die Fachleute in Sachen Hypothek von neuen Prioritäten: Der längerfristige Werterhalt der Immobilie genoss schon immer einen hohen Stellenwert. «Im aktuellen Kontext werden aber auch die Energieeffizienz und die damit verbundenen Investitionen immer bedeutsamer», betont Valentin Hörler, Leiter Produktmanagement Finanzieren bei der Bank. In der Beratung rund um das Thema Hypothek wird bei der St. Galler Kantonalbank auch der Gebäudezustand thematisiert. Dabei geht es darum, einen allfälligen Sanierungsbedarf aufzuzeigen sowie eine Einschätzung und Prognose zu den CO2-Emissionen der Liegenschaft zu erhalten. Mit dem online verfügbaren Renovations- und CO2-Rechner können die Renovationskosten und die CO2-Emissionen berechnet werden. «Immobilienbesitzer haben damit einen ersten Anhaltspunkt, wie nachhaltig ihr Eigenheim ist», sagt Valentin Hörler.
Nachhaltige Hypothek: Umfassend beraten
Die Thurgauer Kantonalbank hat eine Fachstelle «Nachhaltige Immobilien» geschaffen. Hier geht es im Kern darum, interne und externe Zielgruppen zu sensibilisieren und die notwendigen Grundlagen zu erarbeiten. «Schliesslich sollen unsere Kundschaft und unser Vertrieb Bescheid wissen, welche Kriterien beim nachhaltigen Bauen wichtig sind und welches der beste Vorgehensweg ist», sagt Remo Thoma. Dementsprechend werden alle Beraterinnen und Berater der Bank gezielt geschult.
Ein Fazit zum Schluss: Mit den stark gestiegenen Energiekosten hat sich die Kosten-Nutzen-Bilanz für nachhaltiges Bauen deutlich verbessert. Eine Umstellung der Heizung auf erneuerbare Energien ist jetzt besonders attraktiv. Fachleute weisen darauf hin, dass Investitionen bei den aktuellen Energiepreisen schneller amortisiert werden. Zusätzlich profitieren Hausbesitzer von öffentlichen Fördermitteln, grünen Hypotheken und steuerlichen Vorteilen. Obwohl der Umstieg zunächst Investitionen erfordert, sind die langfristigen Ersparnisse erheblich, da nachhaltige Immobilien in Bezug auf jährliche Betriebskosten ökonomischer sind. Der Energieverbrauch eines nachhaltigen Eigenheims ist um den Faktor 3 bis 4 geringer als bei alten Gebäuden. Auf lange Sicht können solche Investitionen auch den Wiederverkaufswert und den Bankschätzwert der Immobilie positiv beeinflussen, wie Experten betonen.
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Die LUKB hat übrigens den Renovations- und CO2-Rechner auch im E-Banking integriert. Finde ich eine tolle Sache.
Vielen Dank für diese zusätzliche Information.