Immobilien sind für viele Menschen die wichtigste Investition ihres Lebens. Doch je nach Konjunktur und Markt schwankt der Immobilienwert. Wir zeigen Ihnen, wie Sie zu einer professionellen Immobilienbewertung kommen und welche Kriterien dabei zu berücksichtigen sind.

Je nach Entwicklung am Immobilienmarkt verändert sich der Wert einer Immobilie. Der aktuelle Marktwert kennen Profis am besten. (Bild: canva.com)

Immobilien sind ein wichtiges Thema in der Schweiz. Sehr viele Leute haben in den letzten Jahren ein Haus oder eine Wohnung gekauft. Manche sind durch Erbschaft zu einem eigenen Objekt gekommen. Doch jede Immobilie ist individuell. Klar, manchmal finden Sie in einem Quartier eine Auswahl ähnlicher Immobilien – aber wirklich identisch sind sie kaum je. 

Wertermittlung: meist nicht schnell und einfach

Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass die Ermittlung des Immobilienwertes nicht ganz einfach ist. Den aktuellen Marktwert können Sie nicht wie bei einer Aktie aus einer offiziellen Kursliste herauslesen. Bei Immobilien geht es mal um einen schönen Altbau, mal um ein neues Apartment, eine Ferienwohnung oder ein Tiny House. Die eine Immobilie profitiert von einem boomenden lokalen Immobilienmarkt, der gerade angesagt ist. Anderswo ist der Verkehrswert ganz anders zu berechnen, weil zum Beispiel Faktoren wie steigende Leerstände und schwache Bevölkerungsentwicklung zu einem tieferen Marktwert führen. Dann wird sich das Objekt auch nicht schnell zu einem guten Preis verkaufen lassen. Eine schwache Nachfrage in einem lokalen Markt stellt immer eine Herausforderung für einen erfolgreichen Verkauf dar.

Den Immobilienwert berechnen – aber wie?

Welcher Faktor ist überhaupt zu berücksichtigen, um den Immobilienwert zu ermitteln? Das wichtigste Kriterium ist der Standort der Liegenschaft.  Eine Immobilie in einem städtischen Zentrum kostet oft doppelt so viel wie in einem Vorort, der 20 oder 30 Kilometer entfernt liegt. Dann sollten Sie die Qualität Ihres Objekts genauer anschauen – jede Immobilienbewertung richtet sich nach der Grösse bzw. Wohnfläche, nach dem Innenausbau und dem baulichem Zustand.

Karte mit Standortpin
Die Lage einer Immobilie spielt die grösste Rolle bei der Ermittlung des Werts. (Bild: canva.com)

Einfluss von Zinsen und Konjunktur

Kommt dazu, dass Verkehrswerte (synonym zu Immobilienwert) schwanken – je nach Hypothekarzinsen und Konjunktur. Für eine Schätzung sind aber auch die aktuelle Bautätigkeit und der lokale Arbeitsmarkt zu bewerten. Ein Beispiel: Wenn in einer Gemeinde Start-ups neue Jobs schaffen und zugleich nur wenige Neubauten auf den Markt kommen, werden Immobilien rasch zu einem höheren Preis gehandelt. Die Anbindung an den öV und überhaupt die Erschliessung, die Nähe zu einem grösseren oder mittleren Zentrum, Arbeitsplätze, Freizeit- und  Einkaufsmöglichkeiten, Aussicht und Ruhe und noch vieles mehr spielen für die Ermittlung des Verkehrswertes ebenfalls eine wesentliche Rolle. 

Hedonische Bewertung der Bank

Eine Immobilienbewertung ist vor allem dann relevant, wenn Sie ein Haus oder eine Wohnung kaufen. In jedem Fall wird die Bank, die Ihr Objekt finanziert, eine eigene Immobilienbewertung vornehmen. Dazu sind die Lage und alle wesentlichen Eigenschaften zu bewerten. Heute kommt es aber immer seltener vor, dass Expertinnen und Experten der Bank die Immobilien persönlich besichtigen und gestützt darauf bewerten. Bei den Banken haben sich EDV-gestützte Vergleichsmethoden etabliert, um den aktuellen Verkehrswert zu ermitteln. Die in der Branche angewandte Immobilienbewertung ist auch unter dem Begriff hedonische Methode bekannt (siehe Artikel Immobilienbewertung: Die wichtigsten Verfahren im Überblick. Monika Bürgi von der Bewertungsexperten-Kammer beim Branchenverband (SVIT) sagt dazu: «Vor allem bei gängigen Eigentumswohnungen haben wir mit einer hedonischen Schätzung ein gutes Instrument zur Hand.» Wenn Banken den Wert berechnen, sind geschulte Fachleute involviert. Denn um den Verkehrswert korrekt zu ermitteln, müssen die wesentlichen Informationen im System richtig eingegeben werden.

Wer seine Immobilie verkaufen möchte, sollte sich nicht nur auf das Ergebnis von Online-Bewertungstools verlassen. (Bild: canva.com)

Wenn hingegen Laien selbst eine vereinfachte Online-Bewertung durchführen, kommt es immer wieder zu falschen Ergebnissen. Manchmal schätzen Privatpersonen den Zustand der eigenen Immobilie zu rosig ein und vergessen wesentliche Punkte bei der Wertermittlung. Bei einer einfachen Online-Immobilienbewertung fliessen zwar auch aktuelle Marktdaten ein. Wenn Sie ganz generell einen Anhaltspunkt wünschen, was Ihr Haus wert ist, gibt Ihnen dies eine erste Orientierung. Heikel wäre es aber, dann ohne weitere fachliche Prüfung die ersten Schritte für einen Verkauf einzuleiten. 

Grenzen der hedonischen Methode

Wenn die erwähnte hedonische Bewertung korrekt angewendet wird, lassen sich viele Eigentumswohnungen gut einschätzen. Das hat damit zu tun, dass sich der Wert schon mit wenigen Angaben wie Adresse bzw. Standort, Grösse und Zimmerzahl sowie anhand des Baujahres herleiten lässt. Kommt dazu, dass bei Eigentumswohnungen umfangreiche Daten in die Bewertungsmodelle einfliessen. Schon schwieriger wird es bei eher seltenen Spezialobjekten oder im Luxusbereich – weil zu diesen Immobilien nur spärlich Daten vorhanden sind. Es fehlen dann Vergleichswerte umliegender und ähnlicher Immobilien. In solchen Fällen kann eine individuelle Einzelbeurteilung Sinn machen.

Vergleiche in der Praxis zeigen, dass die stark vereinfachten Methoden – etwa eine selbst durchgeführte Bewertung mit einer App auf dem Handy – öfters fehleranfällig sind. Denn mit diesen Online-Bewertungen kann nicht immer präzis erfasst werden, ob die Wohnung zum Beispiel eine hübsche Aussicht bietet oder nicht. Vielleicht geniesst man von der einen Terrasse eine schöne Fernsicht, während man im unteren Geschoss an die nächste Hausfassade in der Nachbarschaft blickt – dies hat aber einen wesentlichen Einfluss auf den Wert der Wohnung.

Verfahren bei Einzelobjekten

Bei Einzelobjekten, Einfamilienhäusern mit Potenzial oder Bauparzellen braucht es oft den geschulten Blick einer Fachperson. Ein Beispiel: Wenn eine Erbengemeinschaft ein schönes Stück Land mit einem 80-jährigen Wohnhaus besitzt, braucht es schon einiges an Fachwissen, um den Wert seriös einzuschätzen. Oft ist es bei solchen Objekten so, dass die Bau- und Zonenordnung eine Verdichtung zulässt. Oder anders gesagt: Der Verkehrswert eines solchen Objekts ist ein ganz anderer, wenn der Experte oder die Expertin eben das Potenzial und verschiedene Szenarien durchrechnet. In solchen Punkten blüht Privaten oder Erbengemeinschaften ein böses Erwachen, wenn sich dann der in einer Erbteilung angenommene Wert im Nachhinein als falsch erweist. Also lohnt sich der Beizug einer Fachperson.

«Die computergestützten Modelle mit Vergleichsdaten haben den Nachteil, dass sie rückwärtsgerichtet sind und die Daten oft nur halbjährlich oder quartalweise nachgeführt werden», ergänzt Monika Bürgi. Ein Bewertungsexperte, der wirklich professionell tätigt ist, kennt sich hingegen im lokalen Markt sehr gut aus und verfolgt die neusten Entwicklungen; dazu gehören zum Beispiel Informationen über aktuelle Transaktionen, die für die Einschätzung am betreffenden Standort sehr relevant sein können.

Weitere Informationen einbeziehen

Damit eine Schätzung fundiert ist, sollte auch bei Stockwerkeigentum noch mehr einfliessen als bloss der Standort und die Grösse der Wohnung. «Zur Bewertung von Stockwerkeigentum gehören auch alle denkbaren Varianten von Einschränkungen in der Nutzung oder andere Aspekte, die den Wert direkt beeinflussen», ergänzt Monika Bürgi. Bei der Bewertung kommt es darauf an, ob und wie Nebenräume wie Ateliers, Parkplätze, Hobbyräume, Gartenanteile etc. genutzt werden können. Ein Profi wird in den Unterlagen auch überprüfen, ob die Stockwerkeigentümergemeinschaft ausreichend Reserven gebildet hat (Höhe des Erneuerungsfonds).

Spezialobjekte, wie Schlösser, können mit Online-Bewertungstools nicht bewertet werden. Diese Objekte benötigen eine individuelle Schätzung.

Bei ganz bestimmten Objekten wie Villen, Schlössern oder bei Liegenschaften unter Denkmalschutz braucht es in fast allen Fällen eine individuelle Schätzung; denn die Besonderheiten solcher Liegenschaften lassen sich mit den normalen Methoden kaum richtig erfassen. Nebenbei ist daran zu denken, dass auch ein schlechter Zustand einer Liegenschaft den Wert beeinflusst. Machen wir ein Beispiel: Ist eine Eigentumswohnung innen und aussen offenbar in einem schlechten Zustand, wird ein Käufer sein Angebot tiefer ansetzen.

Eine professionelle Bewertung muss dem ebenfalls Rechnung tragen. Grundsätzlich gilt bei jedem Kauf einer Immobilie die Regel, dass eine kompetente Begleitung sehr wichtig ist. Denn meist handelt es sich ja um ein Geschäft von grosser Tragweite. Daniel von Arx , Sprecher der Luzerner Kantonalbank LUKB, sagt dazu: «Oft kann es sich bei einem Kauf lohnen, von einem Baufachmann eine Zustandsanalyse vornehmen zu lassen, um z.B. den Renovationsbedarf sowie mögliche Baumängel zu erkennen.»

Welche Unterlagen benötigen Sie?

Für eine vereinfachte Online-Schätzung genügen bereits einige wenige Angaben wie Adresse, Zimmerzahl und Baujahr. Wenn Sie aber eine Expertin oder einen Experten beiziehen wollen, sollten Sie ein ausführlicheres Dossier zur Hand haben. Meist braucht es die folgenden Dokumente, wenn man den Immobilienwert fundiert berechnen will:

Eigentumswohnung:

  • Detaillierte Pläne, Grundrisse, Wertquoten und Aufteilungspläne in der betreffenden Liegenschaft (so wie sie im Grundbuch hinterlegt sind).
  • Reglement der Stockwerkeigentümergemeinschaft. (s. Artikel: Reglement im Stockwerkeigentum: Leitfaden für den Alltag)
  • Weitere Pläne und Unterlagen, etwa die ursprüngliche Verkaufsdokumentation, Auflistung früherer Umbauten und Investitionen.
  • Genaue Adresse und Standort, Grösse, Flächen und Zimmerzahl, Angaben zu den benutzbaren Gebäudeteilen und Nebenräumen, Baujahr.

Einfamilienhaus:

  • Standort und exakte Adresse, Baujahr, Grösse, Flächen und Zimmerzahl, Grundstückflächen insgesamt, Situationsplan etc.
  • Planunterlagen zum Haus und zum Grundstück, zu weiteren Teilen des Grundstücks, Garage, Garten etc.
  • Weitere Unterlagen, etwa die ursprüngliche Verkaufsdokumentation, Auflistung früherer Umbauten und Investitionen.
  • Gebäudeversicherungsausweis mit Angabe des Neuwerts, Kubatur bzw. Rauminhalt des Gebäudes.

Ein professioneller Schätzer bzw. eine Bewertungsexpertin wird noch etliche weitere Informationen einbeziehen. Dabei spielen auch rechtliche Fragen eine wesentliche Rolle oder die Frage, ob ein Objekt unter Schutz gestellt ist oder nicht. Besonders wichtig sind auch die öffentlich zugänglichen Bau- und Zonenordnungen. Denn letztlich hängt der Wert einer Immobilie auch massgeblich davon, welche Ausnützung, Gebäudehöhe, welche Art von Nutzungen etc. auf der Parzelle zulässig sind und welche nicht. – Für eine Bankschätzung zwecks Finanzierung braucht es nebst den Angaben zum Objekt meist auch den Kaufvertrag, Fotos und die Verkaufsdokumentation des Objekts, das finanziert werden soll.

Weiterführende Links:

  • Link zur Fachkammer SVIT (www.bewertungsexperten.ch): Die Fachkammer des SVIT setzt sich für Qualitätsstandards in der Immobilienbewertung ein und bietet ein Verzeichnis von qualifizierten Expertinnen und Experten.
  • Immobilienschätzer-Verband (www.siv.ch): Der Schweizer Immobilienschätzer-Verband SIV setzt sich für fachlichen Austausch ein und ermöglicht ebenfalls die Suche nach qualifizierten Fachleuten der Immobilienbewertung.

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