Für Stockwerkeigentümer ist das Reglement ein zentrales Dokument. Es regelt das alltägliche Zusammenleben, die Nutzung oder auch die Kostenverteilung. Dabei haben die Eigentümer der Wohnungen das Recht, das Reglement für ihre Stockwerkeigentümergemeinschaft individuell zu gestalten.  

Wer als Bewohner im Stockwerkeigentum Bescheid wissen will, sollte das Reglement lesen. Dabei geht es um wesentlich mehr und um grundlegendere Fragen als zum Beispiel in der Hausordnung. Auch im Fall eines Konfliktes unter Nachbarn gilt es, das Reglement zu Rate zu ziehen.

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Das Dokument behandelt in der Regel folgende Themen:

  • Aufteilung des Gebäudes: Was gehört zur individuellen Wohnung, was ist gemeinschaftlich?
  • Die erlaubte Nutzung: Die Stockwerkeigentümer regeln, wie die Wohnungen und die gemeinschaftlichen Teile (Gartensitzplatz, Tiefgarage, Aussenraum etc.) benutzt werden dürfen. Besonders relevant sind weiter die Benutzung gemeinsamer Teile wie Garten und Aussenräume sowie die Spielregeln für Flächen im Sondernutzungsrecht einzelner Stockwerkeigentümer (individuelle Gartenanteile oder Parkplätze).
  • Kosten: Das Reglement definiert, wie die Kosten verteilt werden (Nebenkosten, Heizung, Lift, Unterhalt etc.).
  • Erneuerungsfonds: Im Reglement ist zu regeln, ob die Hausgemeinschaft einen Erneuerungsfonds fürs Haus einrichten will.
  • Unterhalt & Verwaltung: Weitere wesentliche Punkte drehen sich um die Bewirtschaftung, Reparaturen, Aufgaben der Verwaltung etc.

Das Reglement gleicht den Statuten eines Vereins. Das Gesetz beschränkt sich darauf, jedem Eigentümer einer Wohnung das Recht einzuräumen, ein solches Reglement für die Stockwerkeigentümergemeinschaft zu erlassen (ZGB Art. 712g). Das Reglement selbst umschreibt dann die Details, die Rechte und Pflichten der Stockwerkeigentümer. Gut zu wissen: In Hausgemeinschaften im Stockwerkeigentum haben die Bewohner allen Spielraum, diese «Spielregel» selbst aufzustellen oder abzuändern.

Meist nur Standardvariante

In aller Regel ist es bereits der Ersteller des Gebäudes, der ein Reglement für die Stockwerkeigentümergemeinschaft aufstellt. Dominik Romang, Rechtsanwalt und Präsident des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes, hält fest: «Oft zieht der Ersteller immer das gleiche Reglement aus der Schublade und wechselt nur das Titelblatt aus.» Dabei gäbe es triftige Gründe, das Reglement auf die individuellen Umstände einer Stockwerkeigentümergemeinschaft abzustimmen. Schliesslich sind je nach Gebäude, je nach Art und Umfang gemeinschaftlicher Gebäudeteile und Flächen oder je nach baulichem Zustand andere Fragen zu regeln! Ein faires und detailliertes Reglement ist nicht allein für mittlere und grössere Stockwerkeigentümergemeinschaften viel Wert, sondern entgegen einem populären Irrtum auch für kleine.

Garten, Dach, Parkplatz

Als besonders wichtig gelten klare Spielregeln zu den Bereichen im Sondernutzungsrecht: Gemeint ist also zum Beispiel der Garten, der dem Bewohner im Parterre zur ausschliesslichen Benützung zusteht. Dasselbe gilt für andere Flächen im Sondernutzungsrecht, wie etwa eine Dachterrasse oder Abstellplätze für Autos. «In der Praxis», so Dominik Romang, «ist es häufig so, dass diese Flächen lediglich auf den Plänen  eingezeichnet und einem bestimmten Eigentümer zur ausschliesslichen Nutzung zugewiesen werden.» Weitere gewichtige Fragen bleiben dann meist offen – es fehlt eine konkrete Umschreibung der erlaubten Nutzung, genauso bleibt in der Praxis oft unklar, in welchem Umfang der berechtigte Eigentümer für den Unterhalt zu sorgen hat. – Um Konflikten vorzubeugen, sollte diese Nutzung genauer umschrieben sein.

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Problematisch ist es auch, wenn die Abstimmungsmodalitäten für die Versammlungen der Stockwerkeigentümer vom Gesetz abweichen. Wenn zum Beispiel nicht nach Kopfstimmen gezählt wird, sondern nach Stockwerkeinheiten, kann unter Umständen ein einzelner Eigentümer fast nach Belieben schalten und walten: Es ist gar nicht so selten, dass ein einzelner Eigentümer oder der ursprüngliche Ersteller mehrere Wohnungen besitzt. So hat er an den Versammlungen der Stockwerkeigentümergemeinschaft meist eine komfortable Mehrheit und überstimmt alle anderen.

Gummige Regeln bei Baumängeln

Die Alarmglocken sollten auch läuten, wenn bei einem Neubau reglementarisch statuiert ist, dass die Verwaltung zu Beginn durch den Architekten selbst, die jeweilige Baufirma oder eine konzerneigene Verwaltung übernommen wird. Damit ist der Ärger vorprogrammiert: Ein Verwalter, der vom Unternehmer an kurzer Leine gehalten wird, hat kein allzu grosses Interesse, sich für die Behebung allfälliger Baumängel zu wehren. Die Empfehlung lautet also: Wenn sich die Stockwerkeigentümer das nicht bieten lassen wollen, müssen sie das Reglement ändern und eine unabhängige Verwaltung einsetzen.

Was darf man, was nicht?

Versäumt es der Verwalter respektive die Stockwerkeigentümergemeinschaft, ein eigenes Reglement aufzustellen, gelten die Bestimmungen im Gesetz (Zivilgesetzbuch ZGB, Art. 712 ff.). Die sind allerdings eher rudimentär. Ein Beispiel: In Anlehnung an das Gesetz werden gemeinsame Kosten nach Wertquoten aufgeschlüsselt. Der Stockwerkeigentümer mit der grossen, teuren Gartenwohnung wird somit für den Lift, den TV-Kabelanschluss oder die Grundgebühren für Kehricht und so weiter stärker zur Kasse gebeten als die Nachbarn. Kommen die Stockwerkeigentümer überein, dass sie für alle Wohnungen die gleichen Kostenanteile wollen, müssen sie dies sauber regeln.

Rechtlich kompliziert wird es, wenn es um Bestimmungen oder Einschränkungen der Nutzung geht. Rechtsanwalt und Experte Romang ist der Auffassung, dass bestimmte gewerbliche Nutzungen, die Weitervermietung als Ferienwohnung über Plattformen wie Airbnb oder eine Tierhaltung, die mit erheblichen Immissionen verbunden wäre, untersagt werden können – vorausgesetzt, dass dies schon bei der Begründung des Stockwerkeigentums ins Reglement kommt oder später einstimmig beschlossen wird. Viele Reglemente halten im Übrigen fest, dass irgendwelche Dienstleistungen im Bereich Sexgewerbe nicht zulässig sind.

Checkliste: Auf diese Punkte sollten Sie achten

  • Muster verwenden: Verschiedene Organisationen haben ein Musterreglement für Stockwerkeigentum erarbeitet. Diese Dokumente können als Vorlage und als wichtige Orientierungshilfe dienen. Solche Muster bieten u.a. der Hauseigentümerverband (HEV Schweiz), der Schweizer Stockwerkeigentümerverband oder auch der Hausverein (siehe Links unten).
  • Anspruch: Das Gesetz schreibt kein Reglement vor. Jeder Eigentümer hat aber einen Anspruch darauf, dass ein Reglement aufgestellt wird.
  • Anwendung: Das Reglement Stockwerkeigentum gilt für alle Eigentümer im Haus – unabhängig davon, ob sie bei der Abfassung des Reglements dabei oder dagegen waren.
  • Abstimmung: Änderungen des Reglements und zusätzliche Bestimmungen können für die jährliche Eigentümerversammlung traktandiert werden. Dabei gilt das qualifizierte Mehr (Mehrheit nach Stimmen und Wertquoten).
  • Grundbuch: Das Bestehen eines Reglements kann im Grundbuch eingetragen werden. Diese Anmerkung ist rein informativ – als Hinweis für potenzielle Käufer.
  • Weitere wichtige Dokumente: Vor dem Kauf von Stockwerkeigentum sollte man auch die Begründungsurkunde prüfen, die die Wohnungen definiert und je nachdem auch wichtige Bestimmungen enthält wie etwaige Vorkaufsrechte und so weiter. Viele Stockwerkeigentümergemeinschaften erlassen zusätzlich eine Hausordnung.

Fazit: Ein klar formuliertes Reglement und eine Portion Goodwill tragen viel zum einvernehmlichen Zusammenleben bei. Hängt der Haussegen aber einmal schief, kann selbst ein Streit um ein paar Franken völlig eskalieren.

Aktuelles Muster: Reglement Stockwerkeigentum des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes.

Shop des HEV Schweiz

Broschüre des SVIT über Stockwerkeigentum.

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