Städte sind für Mieterinnen und Mieter ein teures Pflaster. Selbst in Altbauten kosten 3-Zimmerwohnungen oft 1500 Franken und mehr. Günstig wohnen? Für viele Leute sind gemeinnützige Bauträger und Genossenschaftswohnungen eine echte Alternative. Bloss braucht es «Insider-Wissen» und Geduld, um an eine der seltenen Möglichkeiten heranzukommen. 

In den Städten sind Genossenschaftswohnungen vergleichsweise günstig. Verschiedene Marktvergleiche und Statistiken belegen das: Genossenschaftliches Wohnen kostet hier etwa 20 bis 30 Prozent weniger als die übliche Marktmiete. Auf dem Land sind Genossenschaftswohnungen 10 oder 15 Prozent günstiger.  

Dafür sind die Kostenunterschiede in der Stadt Zürich und in Genf sogar noch wesentlich grösser als in anderen Städten. Die Gründe sind vielfältig. Teils bekommen gemeinnützige Bauträger von der Stadt oder vom Kanton günstig Land. Ins Gewicht fällt aber auch, dass sie gemeinnützig arbeiten und keine Gewinne ausschütten.  

Genossenschaftswohnungen: Marktanteil rund 5 Prozent 

Die Miete von Genossenschaftswohnungen richtet sich nicht nach Orts- und Quartierüblichkeit, sondern rein nach den Kosten. Die Statistik zählt etwa 185’000 Genossenschaftswohnungen in der ganzen Schweiz, das entspricht einem Marktanteil von rund fünf Prozent. Regional sind die gemeinnützigen Bauträger sehr unterschiedlich verbreitet. Ländliche Regionen sind eher von Wohneigentum geprägt; dafür haben etwa Basel-Stadt oder der Kanton Zürich überdurchschnittlich viele Genossenschaftswohnungen. 

«Kaum noch Wartelisten» 

Fragt sich bloss: Wer hat eine realistische Chance, eine dieser begehrten Genossenschaftswohnungen zu bekommen? Nehmen wir als Beispiel die Zürcher Wohngenossenschaft ASIG mit rund 2700 Mietwohnungen und Einfamilienhäusern: «Von einer Warteliste sind wir weggekommen, weil das kaum noch zu bewältigen wäre», sagt Eduardo Silva. Er ist Leiter Bewirtschaftung und Mitglied der Geschäftsleitung bei der ASIG. Obwohl die Leerstände in manchen ländlichen Regionen eher gestiegen sind, stellt die ASIG-Bewirtschaftungsabteilung keinen Rückgang an Anfragen fest. «Wir werden geradezu überrannt und sehen in den vielen Bewerbungen so manches Schicksal und Härtefälle», schildert er die Praxis. So finden sich bei den vielen Bewerbungen öfters Familien, die wegen eines Wohnungsabrisses dringend ein neues Zuhause suchen. 

Klare Prioritäten  

Eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sei nicht in Sicht: Für Familien seien die Mieten in der Stadt Zürich «kaum noch erschwinglich», sagt Silva. Da sei eine Wohnung in einer Genossenschaft praktisch die einzige Alternative. Doch wie werden die Wohnungen in der Praxis vergeben? Laut Eduardo Silva haben im Allgemeinen interne Wechsel Priorität. Das sind zum Beispiel Mitglieder der Genossenschaft, die wegen eines Ersatzneubaus intern umziehen müssen.  

Wenn die ASIG einen Neubau realisiert und erstmals vermietet, finden sich die Informationen meist auf der ASIG-Website oder einer separaten Website für das betreffende Projekt. Mitglieder der Genossenschaft haben dann bei der Vermietung einen kleinen Vorsprung, da die Information zuerst intern publik gemacht wird. Zwei Wochen später wird der Neubau öffentlich auf Plattformen im Internet ausgeschrieben. Als die ASIG letztmals 2018 mit dem Neubau Oase am Glattbogen eine grössere Zahl Wohnungen neu vermietet hat, kamen rund 150 interne und rund 80 externe Bewerbungen zum Zug.  

Eine erste Schlussfolgerung: Wer aktiv auf der Suche nach einer Wohnung ist, informiert sich am besten über die Website einer Genossenschaft. Hie und da werden Angebote auch öffentlich ausgeschrieben, aber die sind meist nur sehr kurz online. «Solche öffentlichen Angebote sind dann erfahrungsgemäss schon nach ein bis zwei Tagen weg», sagt Eduardo Silva von der ASIG weiter. Er empfiehlt daher, dass sich Wohnungssuchende ein Suchabonnement einrichten, damit sie nichts verpassen. Hier Suchabo auf newhome erstellen.

«Unabhängig und für alle offen» 

Eine Genossenschaft bewegt sich damit in einem Spannungsfeld: Einerseits bezweckt sie, möglichst breiten Kreisen günstiges Wohnen zu ermöglichen. Andererseits ist es schlicht unmöglich, allen noch so dringenden Anfragen entsprechen zu können. «Wir sind eine neutrale Genossenschaft und stehen grundsätzlich allen offen», betont Eduardo Silva. Insofern gibt es keinerlei Einschränkungen, und jede Privatperson oder Familie hat eine Chance, eine Genossenschaftswohnung zu bekommen. Bei der Vermietung prüft die Bewirtschaftungsabteilung noch weitere Kriterien: Wie bei anderen Vermietern ist es üblich, auf das Verhältnis von Einkommen und Miete zu achten (ein Drittel-Regel).  

Kriterium: Wohnungsbelegung 

Weiter spielt die Belegung bzw. die Anzahl Personen eine Rolle. Bei der Genossenschaft ASIG gilt bei einer Wiedervermietung einer Wohnung allgemein die Regel: Zimmerzahl minus 2 muss der Personenzahl entsprechen. Etwas strenger ist die Regel bei einer Neuvermietung in einem Neubau: Hier hält sich die ASIG an die Regel, Zimmerzahl minus 1 gleich Personenzahl. D. h., eine neue Wohnung in einer neu erstellten Siedlung mit zum Beispiel vier Zimmern muss von einem Haushalt mit mindestens drei Personen belegt werden.  

Weitere Kriterien sind unter anderem das Interesse für genossenschaftliche Themen und die Frage, ob jemand gut in eine Siedlung und in ein bestimmtes Quartier passen würde. Natürlich ist es von Vorteil, wenn jemand bereit wäre, sich in der Siedlung und in der Genossenschaft zu engagieren, ergänzt Eduardo Silva. 

ABZ Zürich: Wenig Mieterwechsel 

Die Zürcher Genossenschaft ABZ formuliert in ihren Vermietungsrichtlinien unterschiedliche Zielsetzungen. Priorität haben wie in anderen Genossenschaften Mieterinnen und Mieter, die wegen eines Bauprojekts intern umziehen müssen (wenn etwa ein älteres Wohnhaus abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt wird). Das Verhältnis von Einkommen und Miete, Integration in der Nachbarschaft, aber auch die Personenzahl werden berücksichtigt – die Vermietungsabteilung bevorzugt zum Beispiel bei einer 5-Zimmer-Wohnung eine Familie mit zwei Kindern gegenüber anderen Bewerbungen. 

Eine Genossenschaftswohnung biete «viele Vorzüge», es gebe daher nur wenig Wechsel, sagt ABZ-Sprecher Ariel Leuenberger. «Ist ein Objekt frei, wird es bei uns auf der Website ausgeschrieben», erklärt er. Doch auch hier müssen Interessenten ein Quäntchen Glück haben und vor allem schnell reagieren: Laut Leuenberger melden sich für eine freie Genossenschaftswohnung schon innerhalb von 24 Stunden 300 bis 400 Interessenten. Die ABZ bietet deshalb die Möglichkeit, einen Newsletter zu abonnieren, um über laufende Angebote im Bild zu sein. 

ABL Luzern: Mitglied werden 

Auch die Genossenschaft ABL in Luzern empfiehlt interessierten Personen, regelmässig die Website zu besuchen. Zu öffentlichen Ausschreibungen auf den Plattformen im Internet kommt es nur in Ausnahmefällen. Von Vorteil ist es aber, zunächst Mitglied der Baugenossenschaft ABL zu werden. «Eine Mitgliedschaft für 1’000 Franken ist an sich gut erschwinglich», betont ABL-Geschäftsleiter Martin Buob. Für die Vergabe neuer oder freier Wohnung wendet die ABL ein eigenes, recht komplexes Punktesystem an. Dabei kommt es entscheidend auf die Dauer der Mitgliedschaft an. «Als zweites kommt die Belegungszahl zum Zug», erläutert Buob. Weiter kommt es auf eine gute Durchmischung im Quartier an. Die ABL empfiehlt, auf Neubauten zu achten. Wer schon Genossenschaftsmitglied ist, hat dann bei einer Neubauwohnung relativ gute Chancen. 

Noch ein Tipp zum Schluss: Wer eine freie Genossenschaftswohnung sucht, sollte beizeiten anfangen. Wer das nötige Anteilscheinkapital nicht liquid hat, kann sich die Mitgliedschaft auch schenken lassen (zum Beispiel von den Eltern oder den Grosseltern).  

Tipps und Links für die Wohnungssuche bei Genossenschaften 

Es gibt weit über 1’000 Wohnbaugenossenschaften in der Schweiz. Sie sind in zwei grossen Dachorganisationen zusammengeschlossen. Über deren Geschäftsstellen bzw. über die Website finden Sie auch Adressen von Genossenschaften – eine wichtige Hilfe bei der gezielten Suche nach einer Wohnung! 

Wohnbaugenossenschaften Schweiz: 

https://www.wbg-schweiz.ch/information/genossenschaftlich_wohnen/tipps_wohnungssuche

Wohnen Schweiz: 

http://www.wohnen-schweiz.ch/mitglieder/

FAQ’s: Genossenschaftswohnung suchen – aber wie? 

Nicht alle Wohn- und Baugenossenschaften, aber viele bieten die Möglichkeit einer Mitgliedschaft an (unabhängig von einem Mietvertrag). Wer Anteilscheine der Genossenschaft erwirbt, kann Mitglied werden. Die Mitgliedschaft ist in der Regel Voraussetzung, um eine Genossenschaftswohnung zu bekommen.

Sie haben dann grössere Chancen, wenn eine Wohngenossenschaft neu baut oder umbaut. Halten Sie daher Augen und Ohren offen, ob es in Ihrer Nähe solche Projekte gibt. 

Die Vermietung und Wohnungsvergabe laufen sehr unterschiedlich. Konsultieren Sie im Voraus die Website oder rufen Sie an. Halten Sie sich an den vorgegebenen Prozess, anstatt einfach «blind» oder auf gut Glück eine Bewerbung zu schicken. 

Über Suchmaschinen und die Dachverbände gemeinnütziger Bauträger finden Sie Adressen von Wohngenossenschaften in Ihrer Nähe. Wenn Sie sich gut informieren und Geduld haben, kommen Sie früher oder später vielleicht zum Zug. 

Ein Teil der Genossenschaftswohnungen ist subventioniert. Sie sind oft Familien vorbehalten, ausserdem gelten dann klare und meist strenge Einkommens- und Vermögenslimiten. 

Es braucht Geduld, Idealismus und auch Eigeninitiative. Haben Sie sich schon überlegt, selbst eine Wohngenossenschaft zu gründen? Für viele Leute ist es ein Traum, mit gleich gesinnten Freunden ein Projekt zu entwickeln. Infos dazu hier: https://www.wbg-schweiz.ch/information/genossenschaftlich_wohnen/genossenschaft_gruenden 

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