Wer längerfristig spart und Geld in ein Eigenheim investiert, hat nach der Pensionierung meist weniger Sorgen als Mieter. Die eigenen vier Wände versprechen Unabhängigkeit und finanzielle Vorsorge. Doch die Pensionierung will gut geplant sein.
- Steigende Zinsen, steigende Kosten
- Günstig wohnen – aber wie?
- Tragbarkeit: konservativ rechnen
- Budget ist das A und O
- Schon ab 50+ oder 55+ ein Thema
- Tipps für die Praxis

Der Traum von den eigenen vier Wänden ist weit verbreitet. Das private Eigentum an einer Wohnung oder einem Haus hat auch als persönliche Vorsorge in der Schweiz einen hohen Stellenwert (das Haus als «4. Säule» neben AHV, Pensionskasse und 3. Säule). Wer im Alter in den eigenen vier Wänden wohnt, muss sich nicht sorgen, dass die Wohnung gekündigt wird. Die Leute versprechen sich mehr Gestaltungsspielraum, Individualität und persönliche Sicherheit.
Steigende Zinsen, steigende Kosten
Doch in den letzten Monaten haben sich die Rahmenbedingungen geändert: Der Zinssatz für eine Hypothek ist gegenüber den historischen Tiefzinsen vor ein oder zwei Jahren deutlich gestiegen. Hinzu kommt, dass das Leben generell teurer wird. Davon sind auch Haus- und Wohnungseigentümer betroffen. Der Gebäudeunterhalt wird teurer, die Renovationskosten oder auch die Energiepreise sind deutlich gestiegen. Das betrifft Personen im Rentenalter genauso wie alle anderen. Reichen die Renten aus AHV und beruflicher Vorsorge, um sämtliche Kosten zu decken?
«Es stimmt tatsächlich, dass die finanzielle Tragbarkeit eines Eigenheims mitsamt Hypothek und weiteren Verpflichtungen vermehrt zu einem Problem geworden ist», sagt Florian Schubiger, Finanzierungs- und Vorsorgefachmann bei Vermögenspartner in Zürich. Als Hauptgrund nennt er die tendenziell gesunkenen Altersrenten. Weil der Anteil der Rentnerinnen und Rentner an der Bevölkerung zunimmt und die Zinsen extrem tief waren, haben viele Pensionskassen ihre Altersrenten reduziert. Laut Florian Schubiger sind aber die meisten Haushalte, die im Alter 65+ ein Eigenheim bewohnen, nach wie vor in einer komfortablen Ausgangslage. «Natürlich sind die Zinsen jetzt gestiegen. Der Zinssatz liegt aber nicht gerade in einem Mass höher, dass das Budget bei dieser Altersgruppe deswegen aus dem Lot geraten würde», erläutert Florian Schubiger.
Günstig wohnen – aber wie?
Was oft vergessen wird: Wer sein Eigenheim verkauft und zum Beispiel eine Mietwohnung in der Stadt sucht, wird nicht unbedingt Geld sparen. Die Mieten sind hoch, je nach Marktlage finden sich wenig Alternativen. Viele Leute würden zu Recht annehmen, dass sie «in einem Eigenheim so oder so günstiger leben als in einer Mietwohnung», so Florian Schubiger.
Was müssen Sie also wissen, wenn Sie auch im Alter im Eigenheim leben wollen? Vergegenwärtigen wir uns noch einmal kurz, wie die Banken eine Hypothek kalkulieren: Erstens darf die Belehnung der Immobilie nach der Pensionierung nicht zu hoch sein (Verhältnis der Schulden zum Wert der Liegenschaft). So schreiben die Richtlinien der Branche vor, dass die Hypothek nach der Pensionierung höchstens noch zwei Drittel des Belehnungswertes betragen darf. Damit ist derjenige Wert des Eigenheims gemeint, den die Bank als realistisch ansieht. Einzelne Darlehensgeber sehen sogar noch strengere Richtlinien vor und verlangen eine Reduktion der Hypothek auf 65, 60 oder sogar auf nur 50 Prozent.
Tragbarkeit: konservativ rechnen
Der zweite entscheidende Punkt dreht sich um die finanzielle Tragbarkeit der Hypothek. Bekanntlich dürfen die kalkulatorischen Wohnkosten auch im Alter höchstens ein Drittel des verfügbaren Bruttoeinkommens ausmachen. Dabei ist davon auszugehen, dass die Renteneinkünfte meist deutlich tiefer liegen als das frühere Erwerbseinkommen. Hinzu kommt, dass es in der Branche schon längst üblich ist, nicht die jeweils aktuellen Zinsen für die Berechnung der Tragbarkeit heranzuziehen.
Zu diesen kalkulatorischen Kosten: Je nach Bank kommt ein längerfristiger Durchschnittszins von 4.5 Prozent oder von 5 Prozent zur Anwendung. Wer schon einmal einen Kreditantrag für eine Hypothek gestellt hat, kennt dies bestens: Die Banken prüfen die finanzielle Tragbarkeit mit einer vergleichsweise hohen Gesamtsumme an jährlichen Kosten. Wer zum Beispiel eine Hypothek über 800’000 aufnimmt, muss für sein Budget einen Jahreszins von 5 Prozent dieser Hypothek einsetzen (= 40’000 Franken Jahreszins). Hinzu kommen kalkulatorische Kosten für den Unterhalt der Immobilie von rund einem Prozent.
Da nach der Pensionierung mit einem deutlich geringeren Einkommen zu rechnen ist, hat die Amortisation der Hypothek meist Priorität. Ein geringerer Anteil an Schulden erhöht die Unabhängigkeit und reduziert natürlich die anfallenden Zinsen. Die Instrumente dazu liegen auf der Hand: Zum Zeitpunkt der Pensionierung kann man sich zum Beispiel einen Teil des PK-Guthabens auszahlen lassen und damit Schulden amortisieren. Dasselbe gilt natürlich allgemein für freies Vermögen und für Säule-3a-Guthaben. Viele Rentnerinnen und Rentner haben wie alle anderen Eigentümer davon profitiert, dass die Verkehrswerte von Liegenschaften in den letzten Jahren gestiegen sind. Der Grad an Verschuldung bewegt sich damit oft in einem sehr gesunden Rahmen.
Budget ist das A und O
Daniel von Arx, Sprecher der Luzerner Kantonalbank (LUKB), erachtet die rechtzeitige Planung als wichtig: «Wir empfehlen unseren Kundinnen und Kunden, die finanzielle Planung der nachberuflichen Zeit frühzeitig anzugehen und vor allem ein Budget zu erstellen.» Dabei kommt es darauf an, dass die tatsächlichen Lebenshaltungskosten nach der Pensionierung eins zu eins durchgespielt werden. Laut Daniel von Arx sind dabei vor allem zwei Stellschrauben wichtig: Erstens lautet die Devise, den Lebensstandard den neuen Verhältnissen und der tatsächlichen Höhe der Altersrente anzupassen.
Zweitens geht es darum, bestehende Vermögenswerte zur Finanzierung des Eigenheims und des gewünschten Lebensstandards einzusetzen. Allzu pauschale Aussagen sind aber wie immer bei Hypotheken und Eigenheimen schwierig. «Bei der Luzerner Kantonalbank beurteilen wir jeden Fall individuell», betont Daniel von Arx. Zentral sei dabei, dass die Bank zusammen mit dem Kunden die finanzielle Tragbarkeit schon zu Beginn der Finanzierung sorgfältig prüfe. Hinzu kommt eine entsprechende Amortisationsvereinbarung, die die Voraussetzung schafft, dass das Wohneigentum auch im Alter tragbar bleibt.
Schon ab 50+ oder 55+ ein Thema
Florian Schubiger von Vermögenspartner bestätigt, dass solche Betrachtungen heute im Geschäft mit Hypotheken Standard sind: «Etliche Banken stellen schon bei Kundinnen und Kunden im Alter 50 entsprechende Überlegungen an.» Das heisst: Man erstellt ein Szenario für die Lebensphase nach der Pensionierung. Spätestens ab Alter 55+ sollte die Budgetplanung konkret Gestalt annehmen. Tipp: Dazu helfen eine Rentenvorausberechnung der AHV und natürlich der persönliche Vorsorgeausweis (Pensionskasse).
Das Ziel lautet dabei, dass der Kredit im Alter 65 nach den üblichen Standards noch komfortabel tragbar ist. Laut Florian Schubiger sind die meisten Banken auch bereit, allfällige Ersparnisse und Vermögenswerte in Form von Wertschriften oder anderen Anlagen anzurechnen. «Wer zum Beispiel ein Vermögen von 500’000 Franken nachweist, kann einen gewissen Prozentsatz davon als fiktive Rente einsetzen», erläutert Florian Schubiger. Die Praxis bei den Banken sei hier aber unterschiedlich.
Tipps für die Praxis
Renovationen:
Allfällige Anpassungen für eine hindernisfreie Bauweise, aber auch grössere Renovationen und Umbauten sollte man nach Möglichkeit vor der Pensionierung anpacken und planen. Im Alter 65+ ist eine nachträgliche Erhöhung der Hypothek oft nicht mehr ohne weiteres möglich.
Planung der Hypothek und der Laufzeit:
Eine Zeit lang waren Festhypotheken mit sehr langen Laufzeiten sehr beliebt. Im Alter sollte die Laufzeit aber auf die individuelle Planung abgestimmt sein. In einem ersten Schritt wollen oder sollten die meisten Leute zum Zeitpunkt der Pensionierung Amortisationen vornehmen. Weiter ist zu bedenken, dass ein allfälliger Verkauf an Dritte oder eine Übertragung der Liegenschaft an ein Kind erschwert ist, wenn man sehr lange Hypotheken abgeschlossen hat.
Liquidität:
Auf dem Papier sind viele Leute im Alter 65+ vermögend, weil sie eine relativ hoch eingeschätzte Liegenschaft besitzen. Doch mit dem im Eigenheim gebundenen Kapital können sie weder Krankenkassenprämien noch sonstige Haushaltausgaben zahlen. Eine gute Finanzplanung und eine Strategie hinsichtlich Hypothek und Amortisationen sind daher besonders wichtig.
Steuern:
In den letzten Jahren konnten viele Hauseigentümer wegen tiefer Zinsen weniger steuerliche Abzüge vornehmen (entsprechend tiefe Schuldzinsen). In vielen Fällen stieg aber umgekehrt die Besteuerung des Eigenmietwerts. Im Rahmen der Budgetplanung spielen daher auch die Steuern heute eine immer wichtigere Rolle.
Fazit: Um den Ruhestand sorgenfrei geniessen zu können, sind sehr viele Faktoren rund um das Zuhause zu berücksichtigen. Je früher Wohneigentümer die Finanzen und die Pensionierung planen, umso eher werden die Finanzen längerfristig im Lot bleiben.
Lesen Sie auch unsere weiteren Artikel zu Pensionsplanung und Immobilie als Vorsorge sowie: