Die letzten Jahre standen ganz im Zeichen des Wohneigentums: Viele Leute konnten sich den Traum von den eigenen vier Wänden verwirklichen. Bringen jetzt die Inflation und höhere Zinsen für eine Hypothek die Wende? Wir zeigen im Folgenden, wie Sie besser mit Ihrem Geld haushalten und ein ausreichendes Einkommen sichern. 

Ein Man hat die Hände auf dem Kopf und sieht besorgt aus, auf dem Tisch vor ihm liegen viele Rechnungen.
Die deutliche gestiegene Inflation bekommen vor allem Eigenheimbesitzer zu spüren, die sich für eine variabel verzinste Hypothek entschieden haben. (Bild: canva.com)

Viele Schweizerinnen und Schweizer haben in den letzten Jahren Glück gehabt und eine Wohnung oder ein Haus gekauft. In vielen Fällen bedeutet es den Menschen sehr viel im Leben, und sie möchten auf keinen Fall darauf verzichten. Solange die Zinsen extrem tief waren, stellte die Kostenseite oft kein Problem dar. Blenden wir kurz zurück: Noch vor zwei oder drei Jahren kosteten selbst zehnjährige Festhypotheken kaum mehr als 1 Prozent Jahreszins. Das war quasi die beste Hypothek, die man sich vorstellen kann.  

Tragbarkeit: Erst rechnen, dann kaufen 

Bei der Tragbarkeit ist auch daran zu erinnern, dass die Banken seit Jahren strenge Anforderungen punkto Eigenmittel und Einkommen stellen. Geld für einen Haus- oder Wohnungskauf von einem Kreditgeber gibt es nur dann, wenn einige «goldene Regeln» eingehalten sind. Erstens braucht es mindestens einen Anteil von 20% eigenen Mitteln. Kommt dazu, dass die Banken die Immobilienwerte konservativ schätzen. Nicht im jedem Fall gibt es eine Hypothek, die gleich 80% eines vergleichsweise teuren Kaufs abdeckt. Bei sehr hohen Preisen oder Luxusobjekten verlangen die Banken in aller Regel einen höheren Anteil Eigenkapital. 

Bestens bekannt ist auch, dass bei der Berechnung der Tragbarkeit nicht der jeweils aktuelle Zins massgeblich ist. Die finanzielle Tragbarkeit wird mit einem sogenannten kalkulatorischen Zins von 4.5% oder 5% berechnet. Machen wir ein einfaches Beispiel: Bei einer Hypothek über 600’000 Franken wird in dieser Rechnung ein Jahreszins von 30’000 Franken budgetiert (= 5 Prozent Zins). Damit soll sichergestellt werden, dass die Käufer einer Immobilie auch ein deutlich höheres Zinsniveau problemlos tragen könnten. Entscheidend ist schliesslich die Faustregel, dass die so kalkulierten Gesamtkosten inklusive Amortisation sowie Nebenkosten einer Immobilie nicht mehr als ein Drittel des verfügbaren Bruttoeinkommens ausmachen dürfen. 

Komfortable Festhypotheken 

Jetzt, wo die Zinsen deutlich gestiegen sind, können wir dies als gute Nachricht interpretieren. Selbst wenn Festhypotheken heute doppelt so viel kosten wie noch im Jahr 2019 oder 2020, haben die weitaus meisten Eigentümer immer noch ein komfortables Finanzpolster. Weiter ist in die Waagschale zu werfen, dass sich sehr viele Leute zu Recht für Festhypotheken entschieden haben. Wer sich also vor einigen Jahren mit einer achtjährigen oder zehnjährigen Festhypothek «eingeloggt» hat, wird noch etliche Jahre von den sehr tiefen Zinsen profitieren können.  

Einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind sämtliche Kunden, die sich für variabel verzinste Hypotheken entschieden haben. In der Schweiz sind diese Hypotheken, die sich laufend nach dem Geldmarkt und den aktuellen Zinsen richten, unter dem Namen Saron-Hypothek bekannt. Hier erfolgt am Ende jeder Zinsperiode von zum Beispiel drei Monaten eine Anpassung an den neuen Zins. Kundinnen und Kunden mit solchen Finanzierungen müssen sich in der Regel rascher Rechenschaft darüber ablegen, ob das Haushaltbudget noch im Lot ist. 

Wenn das Einkommen nicht reicht 

Sobald es mit dem Geld Ende Monat plötzlich doch knapp wird, hat das oft mehrere Ursachen. Im aktuellen Umfeld dürfte die deutlich gestiegene Inflation eine beträchtliche Rolle spielen. Fast alles wird teurer: Energie, Gebäudeunterhalt, Reparaturen, die Krankenkassenprämien, Nahrungsmittel und überhaupt viele Güter des täglichen Bedarfs. Wer nicht über grössere Geldreserven auf einem Bankkonto verfügt, muss sich jetzt Gedanken machen. Wie lassen sich die Verpflichtungen aus dem Vertrag inklusive Zinsen und Amortisation sicherstellen? 

Klar ist, dass im Zweifelsfall die Finanzierung des Eigenheims absoluten Vorrang haben muss! Erinnern wir uns kurz zusammengefasst daran, was rechtlich gesehen eine Hypothek ist: Die Bank gewährt einem Kunden einen grösseren Kredit, um ein Haus bauen zu lassen oder eines zu kaufen. Als Sicherheit für diesen Kredit dient die Liegenschaft. Nach dem Vertrag und nach dem Schuldbrief hat die Bank das Recht, die Liegenschaft unter Umständen in Besitz zu nehmen und zu verkaufen. Dies ist gewissermassen die Ultima Ratio, um ausbleibende Zins- und Ratenzahlungen zu begleichen. Das tönt nach einem extremen Szenario, kommt aber in der Praxis höchst selten vor. Denn schliesslich haben wohl praktisch alle Eigentümerinnen und Eigentümer eines Eigenheims eine sehr hohe Motivation, dass es nicht zu einem Kreditausfall kommt. 

Was gibt es für Lösungsmöglichkeiten? 

Budget erstellen: Viele Leute könnten aus dem Stegreif nicht sagen, welchen Betrag sie pro Jahr für ihre Hobbys, das Auto, für Kleider, Restaurantbesuche, Ferien, Internet oder ihr Mobil-Abo ausgeben. Hier kommt man nicht darum herum, einmal diszipliniert die wesentlichen Ausgabenpositionen zu notieren und zusammenzuzählen. Verschiedene Merkblätter und Budgethilfen geben Orientierung. So lassen sich schnell einige Positionen bestimmen, die Löcher in die Haushaltskasse reissen. Teure Kleider, Luxusferien? Überlegen Sie sich, wo Sie den Rotstift ansetzen könnten.  

Hilfe in der Familie: Eine sehr wirksame Soforthilfe wäre eine Finanzspritze aus dem Freundes- oder Verwandtenkreis. Wer Glück hat, kann vielleicht auf privater Basis eine Überbrückungsfinanzierung auf die Beine stellen. Frei verfügbare Mittel könnten zur Amortisation eingesetzt werden. Im Idealfall müsste es natürlich eine Schenkung oder Erbvorbezug sein, d. h. eine finanzielle Zuwendung, die nicht rückzahlbar ist und auch nicht verzinst werden muss. Die meisten Leute aus der Praxis wissen, dass Erbvorbezüge und Schenkungen in den letzten Jahren sehr häufig vorkamen. Gerade junge Familien hätten sich gar kein Eigenheim leisten können, wenn sie nicht finanziell von ihren Eltern oder anderen Verwandten unterstützt worden wären. 

Einkommen verbessern: Wer den Spielraum hat, wird vielleicht seine berufliche Position verbessern oder ein allfälliges Teilzeitpensum aufstocken können. Je nach den konkreten Umständen und je nach Liegenschaft lassen sich vielleicht gewisse Zimmer, eine Garage, ein Parkplatz oder sonstige Zusatzflächen vermieten. Es gibt immer wieder Leute, die von solchen Gelegenheiten Gebrauch machen, um die Einkommenssituation zu verbessern. 

Kreditgeber: Zahlungsausstand vermeiden 

Florian Schubiger, Finanzierungsexperte bei VermögensPartner in Zürich, sagt dazu: «Nach unserer Erfahrung aus der Praxis ist meist nicht das Einkommen das Problem, sondern die Ausgabenseite.» Viele Leute hätten sich über Jahre an die tiefen Zinsen gewöhnt und dafür da und dort etwas mehr Geld ausgegeben. Die Besitzer von Liegenschaften seien aber sehr wohl in der Lage zu sparen, wenn dies nötig sei, so Experte Schubiger weiter.  

Was unbedingt zu vermeiden ist: Auf keinen Fall sollten Sie den Kopf in den Sand stecken und einfach zuwarten. Sobald die ersten Mahnungen von der Bank eintreffen, könnte sich die Situation grundsätzlich verändern. Sie sind dann quasi auf dem Radar und werden rasch unter Druck kommen. Je nach Bank wird Ihr Dossier vielleicht von einer anderen Abteilung betreut, wo ein etwas anderer Ton herrscht. Klar ist auch: Sobald Kundinnen und Kunden ihren Verpflichtungen aus einer Hypothek nicht mehr nachkommen, werden sie fortan gründlicher und häufiger kontrolliert. Es ist auch gut möglich, dass dies bei späteren Verhandlungen zu einem Nachteil wird. Etwa weil die Bank Ihre Bonität schlechter einstuft und entsprechend risikogerecht höhere Zinsen verlangen wird. 

In der Praxis können aufgrund ganz unterschiedlicher Konstellationen Schwierigkeiten auftreten. Manchmal spielen Schicksalsschläge, Krankheit, eine Scheidung, Arbeitslosigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit oder andere schwierige Lebensumstände eine Rolle. Trotzdem gilt es, auf Schnellschüsse zu verzichten. Tipp: Halten Sie sich an die Devise, die eigenen Finanzen gut zu planen und Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Natürlich ist es auch besser, das Gespräch mit der Bank zu suchen und transparent zu informieren.  

Tipp: keine halben Lösungen 

Es ist auch noch an folgendes zu erinnern: Hypotheken sind je nach Vertrag und vereinbarter Laufzeit mit längerfristigen Verpflichtungen verbunden. Wer zum Beispiel kurzfristig eine Hypothek ausserordentlich kündigen möchte, wird möglicherweise gegenüber der Bank schadenersatzpflichtig. Denn einmal abgeschlossene Verträge sind einzuhalten. Festhypotheken bieten zwar viele Vorzüge punkto Planbarkeit und Sicherheit – aber eben, der Vertrag lässt sich normalerweise nicht kurzfristig auflösen. Selbst wenn Sie keinen anderen Ausweg sehen, als das Haus zu verkaufen, sind Sie trotzdem nicht alle Probleme los. Ein Hausverkauf will gut vorbereitet sein und sollte nie unter Zeitdruck erfolgen. 

Und es gibt keineswegs eine Garantie dafür, dass Sie im Nu eine passende Mietwohnung als Alternative finden. Je nach Stadt oder Region sind gute Mietwohnungen Mangelware und auch nicht unbedingt preiswert. Im Gegenteil, in den letzten Jahren lagen ja die Mietkosten in der Schweiz oft höher, als was die Verzinsung einer Hypothek gekostet hat. Selbst wenn sich diese Balance jetzt wieder etwas verschoben hat, gibt es triftige Gründe, die weiter für Wohneigentum sprechen. Denn längerfristig bietet das Eigenheim Sicherheit, Individualität, und es leistet auch einen Beitrag zur finanziellen Vorsorge und zum Vermögensaufbau. 

Lesen Sie auch unsere ersten Artikel: