Wenn der Verkauf des Eigenheims ansteht, überschätzen viele Privatpersonen ihr eigenes Verkäufertalent. Eine Handänderung in Eigenregie gelingt, wenn man sich nicht zu sehr von Emotionen leiten, sondern Sachverstand walten lässt.
Der Immobilienmarkt in der Schweiz boomt seit Jahren – trotzdem geht ein Liegenschaftsverkauf nicht so rasch über die Bühne, wie Laien vielleicht hoffen. Folgende Tipps sollten Sie dabei beachten:
Schritt 1: Verfahren definieren
Steht ein Verkauf an, sollte der ganze Prozess im Voraus definiert und sorgfältig strukturiert werden. Alles andere wirkt auf potentielle Interessenten unprofessionell und unseriös.
Eine Variante besteht darin, das Eigenheim von einem Experten schätzen zu lassen und danach mit diesem Verkehrswert auf den Markt zu gehen. Grundsätzlich etwas anderes ist es, wenn Sie ein Bieter- bzw. ein Auktionsverfahren durchführen wollen: Dabei stellen Sie die wichtigsten Unterlagen zum Objekt zusammen, führen Besichtigungen durch und laden die Interessenten danach ein, in ein oder sogar mehreren Runden ihre Kaufangebote zu unterbreiten. Beim Bieterverfahren muss von Anfang an ersichtlich sein, dass letztlich der Meistbietende den Zuschlag erhalten soll.
Schritt 2: Vermarktung
Ein wichtiger Entscheid ist darüber zu fällen, wie genau und bei welchem Zielpublikum das Verkaufsangebot überhaupt bekannt gemacht werden soll. Dafür bieten sich heute unzählige Kanäle und Medien an: Internet- bzw. Online-Plattformen, Zeitungsannoncen, bis hin zu Flyer, Mailings oder Mund-zu-Mund-Propaganda im Quartier. Im Einzelnen kommt es auch darauf an, an welcher Lage das Objekt steht und in welcher Preiskategorie man sich bewegt. Aussergewöhnliche oder besonders teure Liegenschaften sollten auf anderen Wegen beworben werden. Im Topsegment legen die Interessenten zum Beispiel mehr Wert auf Diskretion, oder es kann sich lohnen, ganz bestimmte potentielle Kaufinteressenten persönlich zu kontaktieren.
Schritt 3: Professionelle Präsentation
A und O eines erfolgreichen Verkaufs ist eine sehr gute Verkaufsdokumentation mit einem detaillierten Beschrieb, Grundrissen, Situationsplan, Angaben aus dem Grundbuch etc. Dazu zählt auch eine sachliche Darstellung von Vor- und Nachteilen der Liegenschaft, zum Beispiel ein Hinweis auf bereits durchgeführte oder noch ausstehende bauliche Erneuerungen. Entscheidend ist der erste optische Eindruck der Liegenschaft. Wenn anlässlich der Besichtigung dunkle Wände und dunkle Farben das Bild prägen, so löst dies bei vielen Interessenten negative Gefühle aus. Tipp: Alte Teppiche herauszureissen und die Wände neu zu streichen, macht sich um ein Mehrfaches bezahlt! Empfehlenswert ist eine einfache „Pinselrenovation“, aber keine umfassende Sanierung.
Schritt 4: Sachlich bleiben, statt emotional
Wichtig ist es, im ganzen Prozess rational und sachlich zu argumentieren. Doch gerade unter diesem Aspekt leisten sich Privatpersonen manchmal die gröbsten Schnitzer: Vielleicht lassen sie Episoden aus der Familiengeschichte Revue passieren, oder loben die selbst zusammengebauten Küchenmöbel. Dabei würde sich der Kaufinteressent viel mehr für grundbuchliche Details und Baupläne interessieren, oder der Interessent möchte ganz einfach wissen, wo er das Kinderzimmer oder den Bastelraum einrichten könnte.
Schritt 5: Planen Sie genügend Zeit ein
Bedenken Sie, dass ein Immobilienverkauf Geduld und Einsatz erfordert. Sobald die ersten Kontakte hergestellt sind, beginnen oft erst die eigentlichen Verhandlungen und Verkaufsanstrengungen. Bei sehr begehrten Immobilien kann es sein, dass der Verkaufsprozess nach zwei bis drei Monaten abgeschlossen ist. Doch in den meisten Fällen dauert es von der ersten Ausschreibung bis zur Eigentumsübertragung beim Notar mindestens ein halbes Jahr. Fazit: Nebst viel Fachwissen setzt ein erfolgreicher Verkauf auch eine gute Portion Geduld voraus.
Vielen Dank Herr Zulliger für die realistische „Warnungen“ bei einem Selbstverkauf. Selbstverständlich kann ein Liegenschaftsverkauf einfach und problemlos über die Bühne gehen, doch es soll immer bedenkt werden, dass es sich um prinzipiell sehr viel Geld geht und bereits schon der kleinste Fehler grosse finanzielle Folgen haben kann. Dem Profi (= ausgebildeter und erfahrener Immobilienmakler) sollten keine Fehler unterlaufen und er handelt stets im Interesse der Verkäuferschaft, ist aber trotzdem auch eine Sicherheit für den Käufer.
Leider kann sich jeder Immobilienmakler oder Immobilienmaklerin mit oder ohne „dipl.“ nennen, da dies kein geschützter Titel ist, darum sollte man immer einen ausgebildeten Immobilienvermarkter oder eine Immobilienvermarkterin mit eidgenössischem Fachausweis zur Seite nehmen. Dies gilt auch für Immobilienbewerter. – Achten Sie darauf!
Immobilienbewertung, da braucht es Mut zur Wahrheit
Über den Wert eines Hauses kann man streiten. Oder ihn durch einen unabhängigen Experten bestimmen lassen. Vor allem bei Erbschaften, Scheidungen oder Eigenheimkäufen ist eine kompetente Bewertung viel Wert. Thomas Müller, Immobilienbewerter aus Sempach und Inhaber der Erimas Immobilien GmbH, erklärt im Interview, wie er dabei vorgeht.
Sie bestimmen den Wert eines Hauses. Wie macht man das?
Als erstes muss ich die Absicht des Kunden kennen: Warum und wofür will jemand den Wert wissen? Je nachdem, ob ich den Wert bei gleichbleibender Nutzung, bei einem Umbau oder unter Berücksichtigung eines Wohnrechts bestimme, kann dieser sehr unterschiedlich sein.
Gibt es bei Ihnen also den Wert nach Wunsch?
Auf keinen Fall, nein. Aber das ist natürlich ein Dilemma: Deckt sich der geschätzte Wert nicht mit den Vorstellungen der Kunden, drohen Reklamationen. Würde ich den Wert aber nach ihnen richten, erwiese ich einen schlechten Dienst. Der Verkauf einer zu hoch geschätzten Immobilie würde sich endlos in die Länge ziehen, bis der Preis zwei- oder dreimal nach unten korrigiert wird. Realistisch betrachtet schade ich den Kunden massiv, wenn ich nicht von Beginn weg reinen Wein einschenke. Da braucht es Mut zur Wahrheit, auch wenn der Kunde König ist.
Hand aufs Herz: Ein Ehepaar lässt sich scheiden, die eine Person bleibt im Haus, die andere zieht aus, und schon streitet man sich über dessen Wert. Lassen Sie sich da nicht auch mal von Ihrem Auftraggeber beeinflussen?
Nein. Ich hatte gerade neulich diese Situation. Da wollte der Mann einen tiefen Wert, weil er das Haus weiter bewohnt, und die Frau einen hohen, weil sie für ihren Anteil ausbezahlt wird. Ich bin da neutral und mache auch keine Kompromisse, damit beide zufrieden sind. Ich mache keine Gefälligkeitsgutachten.
Wie gehen Sie denn bei einer Bewertung vor?
Es gibt einen Augenschein vom Objekt. Ich betrachte die Räumlichkeiten, beurteile den Zustand des Objekts, der Haustechnik und dokumentiere allfällige erkennbare Schäden. Weiter beurteile ich die Attraktivität der Lage. Wie wird sich das Gebiet verändern? Anschliessend stelle ich verschiedene Berechnungen an, beurteile die Lebensdauer der einzelnen Bauteile und die Höhe der nötigen Investitionen für die anstehende Erneuerung. Dann erarbeite ich zuhause ein umfangreiches Gutachten.
Was ist Ihnen bei einer Bewertung besonders wichtig?
Deren Nachvollziehbarkeit. Meine Schätzungen sind immer transparent, ausführlich begründet und plausibilisiert. Auch ist es mir wichtig, keinen Zahlensalat für Fachidioten zu liefern, sondern eine nachvollziehbare Erklärung für Laien, damit meine Kunden die Vorgehensweise auch verstehen können.
Was kostet eine Bewertung?
Das ist abhängig vom Objekt und fängt bei rund 1500 Franken an.
Das ist ganz schön teuer.
Nicht wenn man berücksichtigt, wie wichtig eine verlässliche Bewertung ist, gerade wenn es um hohe Beträge geht. Es gibt zwar auch billige computergestützte Standardbewertungen ohne Besichtigung, und manche Makler bieten günstige Schätzungen an, weil sie auf die Verkaufsprovisionen setzen. Dadurch kann der Wert jedoch sehr ungenau oder verfälscht werden. Für eine verlässliche Bewertung ist es zentral, dass der Experte unabhängig und neutral ist sowie die Bewertung transparent und nachvollziehbar.
Wie können Sie dies sicherstellen?
Ich habe kein eigenes Interesse an der Immobilie, das ist zentral. Weiter ist bei mir jede Bewertung individuell auf das Objekt und die Situation abgestimmt. Als Architekt habe ich ausserdem den Vorteil, dass ich nötige Investitionen abschätzen kann. Und schliesslich kenne ich nach zwanzig Jahren das Baugesetz des Kantons Luzern fast auswendig, womit ich auch das Potenzial bei Umbauten oder Sanierungen abschätzen kann. Das ist für Kunden oft sehr hilfreich.
Guten Tag Herr Müller
Danke für den Einblick in die Immobilienbewertung. Wir freuen uns immer auf engagierte und pro-aktive Leser.
Freundliche Grüsse,
Jonathan Weiss
newhome.ch
Danke, dass Sie diesen informativen Beitrag geschrieben haben! Durch ihn habe ich ein besseres Verständnis für das Thema Verkauf der Immobilie erlangt.
Vielen Dank für dieses Feedback. Bitte beachten Sie, dass auch zahlreiche andere Leserinnen und Leser noch fachlichen Input in den Kommentaren notiert haben.
Freundliche Grüsse
Jürg Zulliger
newhome.ch