Steht eine Scheidung an und Sie fragen sich, wer das Recht auf die gemeinsame Wohnung hat? Unser Blogbeitrag beleuchtet die Bestimmungen nach dem Gesetz und zeigt das Vorgehen Schritt für Schritt auf. Im Kontext von Immobilien geht es auch die Frage, ob das Haus verkauft, weiter genutzt oder vermietet werden soll.

Ehepaare möchten sich scheiden lassen
Paare, die sich scheiden lassen, müssen sich zwangsläufig auch mit dem gemeinsamen Immobilieneigentum befassen. (Bild: canva.com)

Viele Beziehungen halten nicht ewig. Es mag unromantisch tönen, aber die Scheidungsziffer ist in den letzten 30 oder 40 Jahren gestiegen. In der Schweiz gehen rund 43 Prozent aller Ehepaare irgendwann wieder getrennte Wege. Zahlen zu Konkubinatspaaren oder eingetragenen Partnerschaften gibt es nicht. Besonders hoch ist die Quote von Scheidungen im Kanton Genf, wo sich mehr als die Hälfte aller Ehepaare wieder trennt. Allgemein kommt es in städtischen Regionen häufiger zu Scheidungen als auf dem Land. Dabei geht es nicht nur um Emotionen, um zerbrochene Beziehungen und/oder das Sorgerecht von Kindern. Paare in Scheidung müssen sich auch mit dem Geld, mit dem Eigentum der Ehepartner, mit einer gemeinsamen Eigentumswohnung oder einem Haus der Familie befassen. 

Grundlegendes bei einer Scheidung

Wenn sich Ehepartner scheiden lassen, werden Immobilien und sonstige Vermögenswerte nach dem jeweiligen Güterstand aufgeteilt. Grundsätzlich haben Ehepaare nach dem Schweizer Eherecht die Wahl zwischen Errungenschaftsbeteiligung, Gütergemeinschaft und Gütertrennung.

Dieser Güterstand ist in der Schweiz am häufigsten. Die Ehegatten haben je zwei sogenannte Gütermassen, das Eigengut und die Errungenschaft. Im Fall einer Scheidung ist jeder Partner zur Hälfte an der Errungenschaft des Ehepartners beteiligt. Die Errungenschaftsbeteiligung gilt immer dann, wenn die Ehepartner nichts Besonderes vereinbaren (kein Ehevertrag) – es ist gewissermassen der ordentliche Güterstand.

Das gemeinsam verwaltete Gesamtgut umfasst fast das ganze eheliche Vermögen. Dazu zählen die gemeinsam erzielten Einkünfte beider Ehegatten (Löhne, allfällige Erträge aus einer gemeinsamen Immobilie oder aus Wertschriften). Daneben gibt es nur je das separate Eigengut der Partner (zum Beispiel Gegenstände für den persönlichen Gebrauch und Vermögenswerte, die einem Ehegatten schon zu Beginn der Gütergemeinschaft gehörten). Die Gütergemeinschaft ist in einem Ehevertrag zu regeln.

Etwas vereinfacht gesagt – Einkünfte und Vermögen sind getrennt, es gibt also nur das Vermögen des Mannes und das der Frau. Kommt es später zu einer Scheidung, wird nichts getrennt. Die Gütertrennung ist von den beiden Ehegatten ebenfalls in einem Ehevertrag zu regeln.

Haus im Scheidungsfall
In den meisten Scheidungsfällen wird zunächst das Vermögen der Ehegatten in Errungenschaft und Eigengut aufgeteilt. (Bild: canva.com)

Aufteilung von Vermögen und Haus

Für unsere Darstellung betrachten wir die häufigste Variante, die Errungenschaftsbeteiligung: Bei einer Scheidung kommt es zur Aufteilung des Vermögens beider Ehegatten in Errungenschaft und Eigengut. Zur Errungenschaft gehören alle während der Ehe erworbenen oder «erarbeiteten» Güter, wie Einkünfte aus Erwerbsarbeit und Leistungen von Sozialversicherungen. Auch Erträge aus Wertschriften und Mieteinnahmen aus Immobilien gelten als Teil der Errungenschaft; in den letzten Jahren kam es ja öfters vor, dass Private als Vermieter einer Eigentumswohnung Einkünfte erzielen.

Was gehört zum Eigengut der Ehegatten? Darunter fallen Vermögenswerte und die Güter, die jeder Ehegatte bereits vor der Ehe besessen hat, einschliesslich persönlicher Gegenstände wie Kleidung und Schmuck. Auch Erbschaften oder Schenkungen, die die Ehegatten während der Ehe erhalten, werden zum Eigengut gezählt.

Bei einer Scheidung hat jeder Ehepartner gesetzlich Anspruch auf sein Eigengut und die Hälfte des Vorschlags des anderen Partners. Der so genannte Vorschlag besteht aus der Errungenschaft abzüglich allfälliger Schulden. Die Details dazu sind im Gesetz geregelt (Artikel 207 bis 210 ZGB).

Die Finanzen dokumentieren

Beide Partner sind verpflichtet, alle relevanten Informationen offenzulegen. Eine grobe Aufstellung oder ein paar Notizen genügen nicht. Es müssen alle relevanten Unterlagen wie Kontoauszüge, Belege, Versicherungspolicen und Dokumente zur Immobilie (Investitionen, eingebrachte Mittel, etc.) vorgelegt werden.

Beim Thema Scheidung ist es natürlich wichtig, dass die Finanzierung und die Investitionen im Zusammenhang mit Immobilien gut dokumentiert sind. Erfahrungsgemäss sind ja die Voraussetzungen unterschiedlich: Vielleicht hat ein Ehepartner einen Pensionskassenbezug oder eine Erbschaft zur Finanzierung eingebracht. Demgegenüber hat der andere Ehegatte vielleicht anderweitig etwas geleistet oder eine andere Beteiligung in finanzieller Form eingebracht.

«Wenn ein Partner das Wohneigentum in Form einer Erbschaft eingebracht hat, würde dies natürlich entsprechend berücksichtigt. Das wäre ja Teil von dessen Eigengut», sagt Christoph Bruhin, Immobilien- und Finanzexperte bei Immo4Live. Weil die so genannte güterrechtliche Auseinandersetzung rechtlich kompliziert ist, empfiehlt Bruhin Ehepaaren in Scheidung, sich kompetent beraten zu lassen. Das müsse nicht unbedingt ein Anwalt oder eine Anwältin sein. Es gebe dazu verschiedene Anlauf- und Beratungsstellen, so der Experte.

Wenn die Trennung nicht gerade in einen «Rosenkrieg» und Auseinandersetzungen vor Gericht ausartet, kann eine geschulte Fachperson vermitteln und häufige Fragen zum Güterstand beantworten. Natürlich liegt eine einvernehmliche Scheidung im Interesse beider Ehegatten. Die Aufteilung des Vermögens und die güterrechtliche Auseinandersetzung nach dem Gesetz setzen vor allem gewisse juristische Kenntnisse voraus. «Sobald Liegenschaften und eine Hypothek im Spiel sind, sollte aber auch dazu ein gewisses themenspezifisches Fachwissen vorhanden sein», empfiehlt Christoph Bruhin. Besitzt das Paar eine selbst genutzte Immobilie oder allenfalls noch zusätzlich eine vermietete Wohnung, wirft dies zusätzliche Fragen auf. 

Kompliziert wird es natürlich dann, wenn zum Beispiel die eine Partei in einem Streit auf gewisse Vermögenswerte nicht verzichten will – oder wenn zwar der eine mehr für das Haus und die Hypothek beigesteuert hat und dies im Nachhinein vom anderen Ehegatten nicht akzeptiert wird. Solche Konstellation lassen sich nie mit hundertprozentiger Sicherheit vermeiden. Jedenfalls können ein Ehe- bzw. Konkubinatsvertrag und eine sorgfältige Dokumentation zu allen Investitionen, Amortisationen etc. dazu beitragen, späteren Konflikten vorzubeugen. 

Vermögenswerte in Scheidungsfällen dokumentieren
Ehepaare, die sich trennen möchten, lassen sich am besten durch eine Fachperson beraten. (Bild: canva.com)

Verkauf der Wohnung vermeiden

Doch selbst wenn bei einer Ehescheidung wesentliche Dinge geklärt oder durch ein Urteil eines Gerichts abgestützt sind, lassen sich noch nicht alle Probleme aus der Welt schaffen. Machen wir ein Beispiel: Die beiden Partner einigen sich darauf, dass die Mutter zusammen mit den Kindern weiterhin im Eigenheim bzw. in der Wohnung der Familie lebt. So lässt es sich vermeiden, dass es unfreiwillig zu einem Verkauf des Hauses kommt. Doch es ist gar nicht so selten, dass der eine Partner finanziell nicht in der Lage ist, sämtliche Kosten inklusive Nebenkosten, Unterhalt sowie Zinsen für die Hypothek zu tragen. Möglicherweise wird die Bank, die das Haus oder die Wohnung finanziert hat, Vorbehalte anmelden. Denn wer weiter Eigentümer und Nutzer bleiben will, muss über ausreichend finanzielle Mittel verfügen. Denkbare wäre es dann, dass zwar ein Ehepartner auszieht und die Kosten dennoch zur Hälfte geteilt werden. 

Ein anderer Lösungsansatz ist es, dass der eine Ehegatte die Immobilie übernimmt und den anderen Ehepartner fair auszahlt. Weil die Preise von Immobilien in den letzten Jahren gestiegen sind, kommt dies aber für viele Paare einem Kraftakt gleich. Denn auch eine allfällige Wertsteigerung muss in der Regel ausgeglichen werden. Manchmal helfen hier ein Zustupf der Eltern oder anderweitige Ersparnisse, damit ein Partner das Haus allein tragen kann. Dabei ist es üblich, dass jede Seite eine unabhängige Verkehrswertschätzung bestellt oder man die Einschätzung eines Maklers einholt.

Hausverkauf angehen – aber wie?

Falls sich das Paar bzw. die Familie doch entschliessen, einen Hausverkauf an die Hand zu nehmen, sind noch viele Fragen zu klären. Schliesslich geht es darum, nicht irgendein Haus oder eine Eigentumswohnung zu verkaufen – denn das gemeinsam bewohnte Heim ist mit vielen Emotionen und Erinnerungen verbunden. Ein Haus verkaufen heisst ganz sachlich:

  • Angaben zur Immobilie zu sammeln,
  • das Objekt ausschreiben und vermarkten,
  • sich Gedanken zum Wert und zum Verkaufspreis machen,
  • das Vorgehen festlegen und sich Gedanken zu möglichen Käufern machen etc.

Viele Makler und Maklerinnen haben Erfahrung, wenn es darum geht, eine Wohnung bzw. eine Immobilie im besonderen Kontext einer Scheidung zu verkaufen. Ein Makler ist im Bild, welchen Vermögenswert die Immobilie darstellt und welche Marktpreise für ähnliche Objekte am gleichen Standort bezahlt werden. Ein professioneller Verkäufer ist versiert darin, die Immobilie gut zu präsentieren und die Interessen der Verkäufer zu vertreten. Dazu gehören natürlich auch die Durchführung von Besichtigungen und die Führung von allen Verhandlungen rund um den Hausverkauf. Ein Haus verkaufen heisst auch, ein professionelles Verkaufsdossier aufzuarbeiten, Abklärungen beim Grundbuchamt, beim Notar und der Bank zu treffen – eben bis alles unter Dach und Fach ist und die Immobilie erfolgreich verkauft werden kann. Diese Expertise kann auch hilfreich sein, wenn es um Details des Kaufvertrags geht – quasi die formelle Umsetzung des Hausverkaufs. 

Fragen zur Hypothek und zur Bank

Kommt es zu einer Scheidung, stellen sich Fragen zu einer bestehenden Hypothek. Dabei müssen wir uns vergegenwärtigen, dass das Paar ja meist einen langfristigen Darlehensvertrag mit einer Bank abgeschlossen hat. Die Scheidung und damit möglicherweise die Auflösung der Hypothek können dann noch zusätzliche Kosten verursachen. Meist stehen zwei Varianten im Vordergrund: Der eine Partner übernimmt die Eigentumswohnung bzw. das Haus mitsamt der Hypothek. Muss die Immobilie aber verkauft werden, wird es noch schwieriger. «Weder der Besitz von Wohneigentum noch der Abschluss einer Hypothek sind ja darauf ausgerichtet, dass es zu einem nicht geplanten Ausstieg kommt», sagt dazu Experte Christoph Bruhin. Manche Banken stellen sich sogar auf den Standpunkt, dass zum Beispiel ein langjähriger Vertrag für eine Festhypothek nicht kündbar ist. Denn schliesslich haben sich ja beide Seiten vertraglich verpflichtet – die Bank stellte den Kredit zur Verfügung, und die Kunden erklärten sich einverstanden, alle Verpflichtungen aus dem Vertrag zu erfüllen (Zinsen, Amortisationen). 

Im Allgemeinen empfiehlt Christoph Bruhin sachlich zu bleiben und im Gespräch mit den Hypothekargebern jeweils nicht emotional zu reagieren. Das zählt ganz besonders, wenn sich der Vertragspartner quer stellt. Wenn kein Weg daran vorbeiführt, als das Haus zu verkaufen und die Hypothek aufzulösen, gilt es, Schritt für Schritt richtig vorzugehen. Das fängt schon damit an, dass Saron-Hypotheken und Festhypotheken je nach dem eine höchst unterschiedliche Vertragsdauer vorsehen. Flexibler sind meist kurzfristige Hypotheken wie eben Saron-Produkte. Wenn ein Ehepaar hingegen vor einigen Jahren eine lange, zinsgünstige Festhypothek abgeschlossen hat, könnte sich dies im Fall einer Scheidung als «goldene Fessel» erweisen. Viele Banken verlangen für die vorzeitige Vertragsauflösung einen Schadenersatz (so genannte Vorfälligkeitsentschädigung). 

Scheidung, Haus und Hypothek: Lösungen

«Es gibt aber auch die Möglichkeit, mit der Bank andere Varianten zu diskutieren und nach einer kreativen Lösung zu suchen», weiss der Finanzierungsexperte Christoph Bruhin. Wenn das Paar trotz Scheidung Spielraum sieht, dass ein Ehepartner das Objekt übernimmt, wäre dies eine naheliegende Lösung: Ein Partner übernimmt das Objekt und damit auch die Finanzierung. Kommt es aber zu einem Haus- bzw. Wohnungsverkauf auf dem freien Markt, wird vielleicht der Käufer die bestehende Hypothek übernehmen können. Im Allgemeinen ist dazu natürlich die Bank zu konsultieren – denn das Objekt und der neue Eigentümer müssen ja eine neue Kreditprüfung durchlaufen. Vor allem die finanzielle Tragbarkeit und die Höhe der benötigten Finanzierungen müssen gegeben sein bzw. sich im richtigen Rahmen bewegen. Laut Christoph Bruhin finden sich aber in der Praxis durchaus Lösung: «Mir sind sogar Fälle bekannt, wo eine bestehende Hypothek auf eine Drittperson mit einer anderen Immobilie überschrieben werden konnte.»

Fazit: Bei einer Scheidung macht es sich bezahlt, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, sei es durch eine Juristin, einen Mediator oder einen Immobilienberater. Sie können helfen, durch das komplexe Feld der Immobilienverteilung zu navigieren und sicherzustellen, dass beide Parteien fair behandelt werden.

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