Unter Schweizerinnen und Schweizern scheint sich ein neuer «Volkssport» auszubreiten: die Wohnung vermieten. Je nach Lage kommen natürlich auch Häuser infrage. In manchen Überbauungen von Stockwerkeigentum sind heute oft 20 bis 30 Prozent der Wohneinheiten nicht von ihren Eigentümern selbst bewohnt, sondern an Dritte vermietet. Das bestätigen verschiedene Verwalter und Spezialisten für Stockwerkeigentum.
Mancherorts spricht man in den Siedlungen und Dörfern schon von «Immobilienkönigen». Manche Privatpersonen mit einem guten Händchen sind mit einer ersten Wohnung als Kapitalanlage zu etwas Vermögen gekommen. Bald kauften sie sich eine zweite und eine dritte Wohnung dazu, um sie auf dem Markt zu vermieten.
«Bollwerk» gegen tiefe Zinsen
Die Gründe sind vielfältig: Mit Sparkonti, Obligationen oder anderen halbwegs soliden Geldanlagen sind in Zeiten von Mini-Zinsen kaum Erträge zu erwarten. Bei manchen Geldanlagen liegen die Gebühren höher als die Erträge, die anfallen. Die Presse titelt regelmässig: «Bollwerk gegen tiefe Zinsen» oder «der Glanz von Betongold».
Für alle Leute, die etwas Ersparnisse haben, ist also zunächst die Suche nach einer sinnvollen Geldanlage das Motiv. Manche kaufen sich schon heute eine hübsche Wohnung – und zwar im Hinblick auf das Alter, um sie später selbst nutzen zu können. Solange man noch im Erwerbsleben steht, dient sie ganz einfach der Absicherung und der Altersvorsorge.
Auch völlig neue technische Möglichkeiten spielen beim Thema Wohnung vermieten eine Rolle: Über verschiedene digitale Plattformen ist es heute leichter möglich, potentielle Mieter zu finden. Vor allem in Städten und in Tourismusregionen lassen sich gerade Stockwerkeinheiten gut an ausländische Gäste vermieten (auch über AirBnb). Sie bleiben als Touristen meist nur kurz im Ort, zahlen aber gute Preise.
An Stolpersteine denken
Beim Thema Wohnung vermieten dürfen die Stolpersteine aber nicht übersehen werden:
Vertrag: In der Regel wird die Wohnungs- oder Hausvermietung in einem schriftlichen Vertrag geregelt. Ein einwandfreier Vertrag, der alle Rechte und Pflichten regelt und auch juristisch «wasserdicht» ist, gilt als wichtige Voraussetzung. Laien sind dabei schnell einmal am Ende ihres Lateins. Irrtümer beim Vertrag oder bei der Übergabe des Mietobjekts können aber schnell Konsequenzen haben – auch finanzielle.
Mietzins: Beim Mietrecht und der Mietzinsgestaltung lauern einige Fallen. Die meisten privaten Vermieter setzen die Miete nach ihrer ungefähren Einschätzung der Marktlage fest, ziehen vielleicht Vergleichsmieten bei oder recherchieren auf dem Internet. Doch die rechtlich korrekte Mietzinsgestaltung ist sehr komplex. Der Vermieter muss dazu im Grunde genommen die Kosten der Wohnung (z.Bsp. entsprechend der Wertquote im Stockwerkeigentum) in die Kalkulation einbeziehen; die Miete darf gemessen an den Kosten für die Wohnung, den Zinsen für Fremdkapital etc. nicht übersetzt oder «missbräuchlich» sein.
Objekt- und Marktrisiken: Die Wohnung vermieten heisst auch, sich gründlich mit dem Rahmenbedingungen zu befassen. Die Preise für Häuser und Wohnungen sind in den letzten 10 bis 15 Jahren vielerorts deutlich gestiegen. Bloss weil man ein Immobilieninvestment heute dank tiefer Zinsen leicht finanzieren kann, heisst dies nicht, dass eine solche Geldanlage risikolos ist. Die Wahrscheinlichkeit ist gestiegen, dass die Preise und Werte von Immobilien in den nächsten Jahren eher fallen können. Dabei ist auch zu bedenken, dass dem Vermieter ein nicht solventer Mieter oder unvorhergesehene Reparaturen und Kosten am Haus rasch einen Strich durch die Rechnung machen.
Steuern und Hypotheken
Steuern: Wer in die Rolle eines «Feierabendvermieters» schlüpft muss auch die steuerlichen Folgen im Auge haben. Schuldzinsen und Unterhaltskosten sind zwar steuerlich absetzbar, die Mieteinnahmen müssen aber als zusätzliches Einkommen versteuert werden. Privatinvestoren kommen so möglicherweise in eine höhere Steuerprogression.
Hypotheken: Wohl die meisten Haus- und Wohnungseigentümer nehmen Hypotheken von Banken in Anspruch. Doch Vorsicht: War das Objekt bisher selbst genutzt, wird neu aber als Mietwohnung vermietet, gelten etwas andere Spielregeln. So ist es durchaus möglich, dass die Bank das Dossier überprüft und die Bewertung und damit auch die Höhe der Hypothek möglicherweise korrigiert. Objekte zum Ertragswert werden meist tiefer eingeschätzt als selbst genutztes Wohneigentum. Wenn Sie also eine Art «Business Plan» für Ihre Immobilie aufstellen, sollten Sie auf eine solide Finanzierung achten. Die geschuldeten Zinsen und Amortisationen müssen Sie auch bei allenfalls höheren Zinsen zahlen können.
Zeitaufwand: Die Vermietung von Wohnungen und Häusern gilt als zeitaufwändig. Denken Sie auch daran, dass der Zahn der Zeit an allen Gebäuden nagt. Um den Wert der Investition zu erhalten, braucht es auch ein Konzept für Unterhalt, Reparaturen und Renovationen.
Diversifikation: Wer den Löwenanteil seines Vermögens in Immobilien investiert, ist ungenügend diversifiziert. Wenn die Idee mit der Immobilienanlage nicht aufgeht, sind auch Einbussen des Vermögens nicht ausgeschlossen.
Wohnung vermieten: Fazit
Fazit: Die Wohnung vermieten – dabei handelt es sich um einen populären Trend. Es gibt plausible ökonomische Gründe dafür. Wenn Sie selbst eine klare Zielsetzung und einen guten «Business Plan» haben, kann sich ein solches Investment tatsächlich rechnen. Doch wenn man nicht zugleich eine gute Portion Knowhow und viel Zeit investiert, sollte man sein Geld lieber anderweitig einsetzen. Oder man wird nur Eigentümer von Immobilien, die man auch selbst bewohnt.