Der für die Mieten in der Schweiz wichtige Referenzzinssatz wurde Anfang März gesenkt. Doch nicht alle Mieterinnen und Mieter profitieren automatisch. Was bedeutet das für die Mietkosten, und inwiefern kann eine Reduktion beantragt werden?
- Anspruch auf Mietzinsreduktion?
- Rendite spielt auch eine Rolle
- Hat man automatisch einen Anspruch?
- Kalkulation bei Neubauten

Das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) hat den hypothekarischen Referenzzins gesenkt: Er fällt von 1,75 auf 1,5 Prozent. Für viele Mieter könnte dies eine Senkung der Miete bedeuten. Doch eine automatische Anpassung gibt es nicht – Mieterinnen und Mieter müssen selbst aktiv werden, um eine Reduktion zu erhalten. Wer davon profitieren kann, welche Hürden es gibt und wie man vorgeht, zeigen wir Ihnen in diesem Blog.
Der Referenzzinssatz ist eine wichtige Grundlage für die Mietpreisgestaltung in der Schweiz. Er orientiert sich am Durchschnitt der Hypothekarzinsen und wird regelmässig überprüft. Wenn der Referenzzins sinkt, haben viele Mieter das Recht auf eine Mietsenkung. Allerdings können Vermieter gewisse Kosten wie Teuerung oder gestiegene Betriebsausgaben anrechnen, sodass die effektive Reduktion geringer ausfällt oder in manchen Fällen ganz entfällt.
Anspruch auf Mietzinsreduktion?
Wer sich eine tiefere Miete erhofft, sollte zuerst prüfen, ob er überhaupt anspruchsberechtigt ist. Im Mietvertrag ist der Referenzzinssatz festgehalten, auf dem die aktuelle Miete basiert. Liegt dieser bei 1,75 Prozent oder höher, besteht grundsätzlich ein Anrecht auf eine Reduktion.
Die theoretische Mietreduktion beträgt 2,91 Prozent pro 0,25 Prozentpunkte Senkung des Referenzzinssatzes. Wer beispielsweise 2000 oder 3000 Franken Miete zahlt, könnte im günstigsten Fall mehrere Hundert Franken pro Jahr sparen.
Doch in der Praxis sieht es oft anders aus: Vermieter dürfen 40 Prozent der Inflation und gestiegene Unterhaltskosten gegenrechnen. Experten gehen deshalb davon aus, dass die tatsächliche Senkung für die meisten Haushalte eher bei rund 2 Prozent der Nettomiete liegt. In manchen Fällen kann es sogar passieren, dass der Vermieter aufgrund der Teuerung die Miete nicht senken muss oder sie sogar steigt.
Bei vergangenen Senkungen des Referenzzinses (die letzte fand im März 2020 statt) war dies nicht gross relevant, da die Inflation niedrig war. In den Jahren 2022 und 2023 hingegen lag sie vergleichsweise hoch. Selbst Vertreterinnen vom Mieterverband (MV) weisen darauf hin, dass trotz sinkendem Referenzzins viele Mieterinnen und Mieter doch keinen Anspruch auf eine Reduktion haben, «da die Teuerung den Senkungsanspruch kompensiert».
Ob ein Anspruch auf eine Mietzinssenkung besteht, hängt laut Mieterverband vor allem vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses oder der letzten Mietzinserhöhung ab.
- Wer zum Beispiel schon länger zur Miete wohnt und seit langem nicht in den Genuss einer Reduktion infolge eines tieferen Referenzzinses kam, hat gute Chancen. Gleiches gilt für jene, die seit dem 1. Dezember 2023 eine Erhöhung aufgrund des gestiegenen Referenzzinses erhalten haben oder erst nach diesem Datum eingezogen sind.
- Keine guten Aussichten haben laut dem MV dagegen Mieter, die zwischen dem 1. Mai 2015 und dem 1. Dezember 2023 eine Mietzinsanpassung erhielten oder in dieser Zeit einen neuen Mietvertrag abgeschlossen haben.
Im Übrigen sind Mietzinserhöhungen auch aus anderen Gründen möglich. Etwa wenn der Vermieter wertvermehrende Renovationen geltend macht – so werden in der Praxis grössere Umbauten an der Fassade, eine neue Heizung oder allenfalls auch ein Umbau der Küche etc. zu Mietzinsanpassungen führen.
Rendite spielt auch eine Rolle
Doch es wird noch komplizierter: Ein weiterer Faktor ist die Rendite der Vermieter. Nur wenn sie eine überhöhte Rendite erzielen, sind sie verpflichtet, eine Mietsenkung weiterzugeben. Vor allem Neubauten oder vermietete Eigentumswohnungen fallen häufig nicht in diese Kategorie, da ihre Renditen meist unter der maximal zulässigen Grenze liegen.
Bei neueren Mehrfamilienhäusern, vermieteten Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen liege die Rendite oft unter der mietrechtlich zulässigen Höhe und der Mietzins müsse nicht gesenkt werden, sagt Ralph Bauert, Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands (HEV) Region Winterthur.
Eine wichtige Schlussfolgerung: Mieterinnen und Mieter sind daher oft gut beraten, sich vorgängig zu informieren und die konkreten Umstände des Mietverhältnisses zu berücksichtigen. Gerade bei den komplexen Renditeberechnungen argumentieren manche Fachleute, dass sich ein Senkungsbegehren doch lohnen könnten. Denn falls der Vermieter eine Mietzinsreduktion ablehnt, muss er nachweisen, dass seine Rendite innerhalb des zulässigen Rahmens liegt.
Hat man automatisch einen Anspruch?
Die Senkung erfolgt nicht automatisch. Mieter müssen ein schriftliches Senkungsbegehren an die Vermieterschaft senden. Dazu finden sich auf dem Internet Musterbriefe, beispielsweise vom Mieterinnen- und Mieterverband. Nach Einreichung des Begehrens hat der Vermieter 30 Tage Zeit, um zu antworten. Falls er die Senkung ablehnt oder nicht reagiert, bleibt noch die Möglichkeit, innerhalb weiterer 30 Tage die lokale Schlichtungsbehörde einzuschalten.
Die Mietzinsreduktion tritt in der Regel zum nächstmöglichen Kündigungstermin in Kraft. Das bedeutet, dass Mieter je nach Region und je nach Vertrag frühestens im Juli 2025, spätestens aber im November 2025 mit einer tieferen Miete rechnen können.
Kalkulation bei Neubauten
Grundsätzlich ist zwischen neu gebauten bzw. neu ausgeschriebenen Wohnungen und bestehenden Mietverhältnissen zu unterscheiden. Bei Neubauten richtet sich die Miete meist nach den tatsächlichen Kosten und nach den ortsüblichen Preisen; auch bei grossen Sanierungen werden die Umbaukosten zumindest zu einem wesentlichen Teil auf die Mieten abgewälzt.
Anders bei bestehenden Mietverhältnissen: Hier ist der Mietzins netto primär an den offiziellen Referenzzinssatz gekoppelt. Dies ist international gesehen aussergewöhnlich. In vielen anderen Ländern folgt die Entwicklung der Mieten im Wesentlichen der Teuerung.
Als Spezialfall gelten im Weiteren die Wohnungen von gemeinnützigen Stiftungen, Genossenschaften, kommunalen Wohnungen etc. Hier gelten oft besondere Vorschriften, die sich nach dem Grundsatz der Kostenmiete richten.
Wichtig ist auch zu wissen, dass nicht die tatsächliche Finanzierungsstruktur des Hauseigentümers entscheidend ist. Hat ein Hauseigentümer in früheren Jahren teurere Hypotheken aufgenommen, sind nicht diese Kosten massgeblich. Das Risiko für steigende Zinsen trägt grundsätzlich einmal der Hauseigentümer. «Es ist also nicht entscheidend, was der Vermieter seiner Bank für die Hypotheken bezahlt», erläutert Cipriano Alvarez, Leiter Bereich Recht beim BWO. Und der Referenzzinssatz entspricht einem geglätteten Durchschnittszins, der nur mit Verzögerung auf die Entwicklung von Marktzinsen reagiert.
Hypothekarischer Referenzzinssatz: Grundlagen vom BWO https://www.bwo.admin.ch/bwo/de/home/mietrecht/referenzzinssatz.html
Mietzinsrechner und Hilfsmittel zum Thema Referenzzinssatz: https://www.mieterverband.ch/mv/mietrecht-beratung/ratgeber-mietrecht/unterlagen-tools/mietzinsrechner.html
Infos vom HEV Schweiz und Winterthur: https://www.hev-schweiz.ch/vermieten/mietverhaeltnis/referenzzinssatz
Lesen Sie dazu auch unsere Artikel: