Der globale Ressourcenverbrauch übersteigt die Kapazität dessen, was die Erde längerfristig bereitstellen kann, um das Dreifache. Das Wohnen spielt dabei eine wesentliche Rolle. Dabei geht es nicht nur um den Energieverbrauch von Gebäuden, sondern auch um die Wahl des richtigen Standorts.
Als ich im Jahr 1964 geboren wurde, waren Nachhaltigkeit und Ökologie beim Wohnen noch kaum ein Thema. Damals lebten auf unserem Planeten rund 3,27 Milliarden Menschen. Bereits im Jahr 2000 wurde die Grenze von 6 Milliarden Menschen erreicht. Heute zählt die Weltbevölkerung über 7 Milliarden und nimmt weiter zu. Unsere Lebensweise und der in vielen Ländern steigende Wohlstand hinterlassen Spuren auf der Erde. Denn wir benötigen Rohstoffe, Wasser, Energie, Nahrung, Kleider und eine Unmenge an Konsumprodukten. Wissenschaftler haben zur korrekten Messung dieser Spuren den Begriff des ökologischen Fussabdrucks erfunden. Er dient der globalen Buchhaltung und stellt unseren Verbrauch der gegebenen Kapazität an Ressourcen gegenüber.
Gemäss Studien des WWF setzt sich der Ressourcenbedarf für die wichtigsten Lebensbereiche wie folgt zusammen: Rund 31 Prozent gehen auf das Konto der Ernährung. Freizeit, Ferien und weiteres schlagen mit etwa 33 Prozent zu Buche, das Wohnen hat gemäss dieser Studie einen Anteil von 27 Prozent. Arbeit und Schule machen etwa 9 Prozent aus. Anschaulich dargestellt wird der ökologische Fussabdruck durch die Anzahl Erden, die für unseren heutigen Lebensstandard nötig sind. Weltweit liegt der Schnitt gemäss Global Footprint Network bei 1,6 Erden, in der Schweiz sind es etwa 3,3 Erden; wir leben also auf zu grossem Fuss.
Ökologie beim Wohnen: 2000 Watt
Besonders deutlich zeigt sich dies beim Energieverbrauch: In der Schweiz leben wir heute in einer 5000-Watt-Gesellschaft. Wir verbrauchen also so viel Energie wie fünf Staubsauger mit 1000 Watt, die pausenlos in Betrieb sind. Nachhaltig wäre hingegen eine Grössenordnung von 2000 Watt. Um uns der 2000-Watt-Gesellschaft annähern und unseren Fussabdruck markant verkleinern zu können, braucht es Anstrengungen in allen Bereichen des Lebens.
Der Ökologie beim Wohnen (oder besser: auch der Ökologie beim Bauen) kommt heute eine zentrale Bedeutung zu. Dies vor allem aus zwei Gründen: Zum einen konsumieren der Bau und der Betrieb von Gebäuden viele Ressourcen und grosse Mengen an Energie. So gehen knapp die Hälfte des gesamten Energieverbrauchs hierzulande auf das Konto von Heizung und Warmwasser. Häuser benötigen zudem auch Land, Baustoffe und Wasser. Zum anderen hat der Standort eines Wohngebäudes direkten Einfluss auf andere Lebensbereiche. Im Vordergrund steht dabei die Mobilität. Je weiter die Wege zwischen Wohnort, Arbeitsort, Schule und Freizeitaktivitäten, desto stärker steigt der Ressourcenbedarf an. Der Bau oder der Kauf eines Gebäudes mit tiefem Energieverbrauch – beispielsweise nach Standard Minergie-P – spart zwar gegenüber einer mangelhaft isolierten Altbauwohnung eine Menge Betriebsenergie. Je nach Standort wird diese Ersparnis durch den Energieverbrauch für die Mobilität aber wieder aufgefressen.
Ökologie beim Wohnen: Stadt oder Land?
Wer also darüber nachdenkt, eine eigene Wohnung zu kaufen oder ein Haus bauen zu lassen, steht vor komplexen Entscheidungen. Will man einen topmodernen Neubau auf der grünen Wiese und nimmt dafür längere Pendlerdistanzen in Kauf? Oder will man stattdessen ein bestehendes Gebäude in der Stadt – also in bereits überbauten Zonen – besser nutzen? Gewiss ist vor allem, dass immer ganz unterschiedliche Lebensbereiche mit hineinspielen. Wie gut man letztlich beim «ökologischen Fussabdruck» abschneidet, hängt von vielen Faktoren ab.
Beispielrechnung
Wer beim Thema «Ökologie beim Wohnen» vorwärts machen will, muss zumindest überschlagsmässig einige Zahlen anschauen: Ein grosser, moderner Neubau – zum Beispiel ein Einfamilienhaus mit 180 m2 – ist nicht unbedingt nachhaltiger als ein bestehendes Gebäude, das an einer zentralen Lage liegt. Selbst wenn man sich beim Neubau für den sehr modernen und strengen Standard Minergie-P entscheidet, ist dies nicht zwingend die «grünste» und nachhaltigste aller Varianten. Der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser lässt sich mit dieser Lebensweise zwar markant reduzieren (um den Faktor 2 oder 3)!
Wenn die Bewohner dieses Hauses aber zum Beispiel an 200 Tagen im Jahr in die Stadt pendeln und für diesen Weg ein Auto benützen, sieht die Bilanz schlechter aus. Der gesamte Energieverbrauch – unter Berücksichtigung der Mobilität – wird dann leicht über der Variante einer bestehenden Stadtwohnung liegen. Diese Ökobilanz verschlechtert sich bei der Variante Neubau noch zusätzlich, wenn man auch den Verbrauch an Energie und Ressourcen («graue Energie») für die Herstellung des neuen Hauses und die Produktion eines Autos mitberücksichtigt.
Fazit: Mehr Ökologie beim Wohnen
Wer einen mit öV gut erschlossenen Wohnstandort wählt und nicht übermässig viel Wohnfläche beansprucht, wird seine persönliche Bilanz deutlich verbessern. Die Zahlen zeigen auch: Mehr Ökologie beim Wohnen ist möglich!
Nicht aus den Augen verlieren sollte man neben dem Wohnen die anderen Lebensbereiche: Flugreisen, Freizeitausflüge mit dem Auto und die Ernährung. Bei Letzterer schlagen vor allem ein hoher Fleischkonsum und Produkte zu Buche, die lange Transportwege oder eine energieintensive Produktion (z.B. beheiztes Gewächshaus) benötigen.
Wie bei vielen anderen Dingen gilt auch in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit: weniger wäre mehr. Laut Philip Gehri vom WWF Schweiz gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen den Einkommen einer Volkswirtschaft und der Umweltbelastung. Die Erklärung sei einfach, so der Experte: «Je mehr ich verdiene, desto mehr konsumiere ich, und je mehr ich konsumiere, desto höher die Umweltbelastung.» Aufgrund des hohen Lebensstandards in der Schweiz schlagen einige Aspekte unseres Lebensstils negativ zu Buch. So produziert kaum ein anderes Land so viel Abfall pro Kopf wie wir. Nirgendwo in Europa werden so schwere Autos gefahren wie in der Schweiz. Und die Schweizerinnen und Schweizer fliegen im Durchschnitt doppelt so häufig wie unsere Nachbarn in Europa.
Der positive Aspekte solcher Tatsachen: Wir haben ein grosses Potenzial, unseren ökologischen Fussabdruck zu verkleinern – und zwar in vielerlei Hinsicht, ohne sich deswegen allzu sehr einschränken zu müssen.
Um unseren ökologischen Fussabdruck zu verkleinern, können wir viel tun – viel hängt davon ab, wo und wie wir wohnen. (Bild: fotolia)